Seifenmachen als Therapie

Seife mit Therapieeffekt

Jessica Schätzle hat nach ihrem Schlaganfall eine neue Leidenschaft entdeckt: Sie stellt Seifen und Badekugeln her – und verkauft sie inzwischen sogar.

Sie knetet die Inhaltsstoffe mit den Händen durch und presst sie in die Kugelformen. Echte Handarbeit. „Die Masse für die Badekugeln fühlt sich an wie nasser Sand“, erklärt Jessica Schätzle. Vor drei Jahren hätte niemand damit gerechnet, dass sie wieder in der Lage sein wird, solche feinmotorischen Arbeiten auszuführen.

Schlaganfall mit 23

Jessica Schätzle hatte seit zwei Monaten ihre Ausbildung zur Industriekauffrau abgeschlossen, als sie eine Hirnblutung erlitt. „Meine rechte Seite war komplett gelähmt und ich konnte nicht sprechen“, erinnert sie sich. Drei Jahre ist das her. Die Ärzte vermuteten, dass sie ein Pflegefall bleiben würde. Doch die junge Frau sah das anders: „Ich war 23, meine Lebenserwartung liegt bei über 80 Jahren. 60 Jahre als Pflegefall verbringen? Auf keinen Fall!“

Lange Weile bei der Ergotherapie

Bei den intensiven Therapien machte sie zwar Fortschritte – langweilte sich aber vor allem bei der Ergotherapie. Also fing sie an, zu Hause Plätzchen zu backen, um ihre Hände zu trainieren. „Meine Familie und Freunde haben so viele Plätzchen bekommen, dass irgendwann alle zugenommen haben. Das war nicht so gut“, erzählt sie lachend. Schließlich musste sie sich eine Alternative überlegen.

Aus einer netten Geste wurde ein Geschäft

„Meine Schwester hat durch eine Hautkrankheit sehr empfindliche Haut. Also beschloss ich, ihr etwas Gutes zu tun, indem ich Seife und Badekugeln aus natürlichen Inhaltsstoffen herstellte“, sagt Schätzle. Die Schwester vertrug die Seife hervorragend, Freunde waren ebenfalls begeistert. Die Nachfrage wuchs. Da Schätzle ausschließlich hochwertige Rohstoffe nutzt, wurde die Produktion zu kostspielig, um das Ergebnis ausschließlich zu verschenken. Also ließ Schätzle ihre Seifen und Badekugeln durch ein Labor zertifizieren, sodass sie offiziell verkauft werden dürfen. Inzwischen vertreibt sie ihre Produkte unter dem Namen „Edda Seifen“ über einen eigenen Online-Shop, auf Märkten und in einigen lokalen Geschäften.

Mit Eigeninitiative nicht zum Pflegefall werden

Das Geld steht dabei nicht im Vordergrund – schließlich darf sie zu ihrer Rente sowieso nicht viel hinzuverdienen. „Mir tut die Seifenherstellung unheimlich gut. Ich mache alles selbst, vom Mischen der Zutaten bis hin zur Verpackung. Das kostet zwar viel Zeit, aber die habe ich ja. Meine Motorik wird immer besser und der Kundenkontakt auf Märkten macht großen Spaß.“ Auch wenn sie nicht mehr in ihren Beruf zurückkehren kann: Ein Pflegefall ist aus Jessica Schätzle nicht geworden – auch dank des neuen Hobbys.