Weiteres Votum für Patientenlotsen

Weiteres Votum für Patientenlotsen

Erfolgreicher Abschluss des Modellprojekts Cardiolotse: Bei Herzerkrankungen können Patientenlotsen die Versorgung verbessern und sogar Kosten verringern.

Zwei große Lotsenprojekte abgeschlossen

Seit 2017 förderte der Innovationsfonds des Bundes zwei große Projekte mit Patientenlotsen in Deutschland. Im September veröffentlichte die Universität Bielefeld erste Auswertungen des Modellprojekts STROKE OWL der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Wichtigste Botschaft: Schlaganfall-Lotsen haben einen positiven Einfluss auf die Sekundärprävention von Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten und tragen demnach dazu bei, einen wiederholten Schlaganfall zu verhindern. Noch deutlichere Ergebnisse liefert jetzt das Partnerprojekt Cardiolotse der AOK Nordost und des Berliner Klinikträgers Vivantes.

Bruchstelle zur ambulanten Versorgung

Die Krankenkasse und der Klinikkonzern des Landes Berlin hatten sich zusammengeschlossen, um durch die neue Versorgungsform Wiedereinweisungen von Patientinnen und Patienten zu reduzieren. Denn insbesondere nach einem Herzinfarkt und anderen Herzerkrankungen ist die Rehospitalisierungsrate besonders hoch. 25 Prozent der kardiologischen Patienten werden nach kurzer Zeit wieder aufgenommen. Die kritische Phase ist dabei stets der Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung. Patientinnen und Patienten werden häufig nicht kardiologisch weiterbetreut, manche sind nicht einmal in hausärztlicher Versorgung. Das führt teilweise zum Absetzen der Medikation. Neben den gesundheitlichen Aspekten für die Betroffenen auch ein ökonomischer Faktor: Die durchschnittlichen Kosten einer Wiederaufnahme liegen bei 5.000 Euro.

Lotsenkonzepte eng verwandt

Im Projekt Cardiolotse haben 10 Lotsen rund 1.400 Patientinnen und Patienten ein Jahr lang betreut und beraten. Ähnlich wie die Lotsen der Deutschen Schlaganfall-Hilfe hatten auch die Cardiolotsen eine medizinische Ausbildung, besaßen Berufserfahrung, erhielten zu Beginn der Tätigkeit eine Schulung und nahmen die Patientinnen und Patienten bereits in der Akutklinik in ihr Betreuungsprogramm auf. Neben den 1.400 betreuten Patienten gab es eine zweite, ebenso große Kontrollgruppe, die keine Begleitung erhielt. Alle Patientinnen und Patienten litten an koronarer Herzerkrankung, an Rhythmusstörungen oder an Herzinsuffizienz.

Von Beginn an arbeiteten die Projektteams von Cardiolotse und STROKE OWL (Schlaganfall-Lotsen) eng zusammen, wie hier bei einem Projekttreffen in Gütersloh 2020.

Weniger Aufnahmen, weniger Kosten

Die Ergebnisse nach vierjähriger Projektzeit überzeugen. Das Modellprojekt konnte den positiven Effekt des Einsatzes von Cardiolotsen eindeutig nachweisen, wie die Auswertung der TU München zeigt. Die von Lotsen betreuten Patienten wurden deutlich seltener wiederaufgenommen (13 bis 15 Prozent). Wenn es zu weiteren Krankenhausaufenthalten kam, war die Verweildauer im Schnitt um zwei Tage kürzer. Dadurch war die Versorgung der durch Lotsen betreuten Patientinnen und Patienten im Durchschnitt etwa 3.000 Euro günstiger. Die „Lotsenkosten“ eines Patienten betrugen dagegen lediglich zwischen 900 und 1.600 Euro.

Auch Kostenträger überzeugt

„Unsere Ahnung, dass Lotsen ein Modell der Zukunft sein können, ist durch die Evaluation bestätigt worden“, zog Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordwest, ein überaus positives Fazit aus Sicht eines Kostenträgers. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe und ihre Partner verfolgen das Ziel, Patientenlotsen für Menschen mit komplexen Erkrankungen zu einem Teil der Regelversorgung zu machen. Die Bundesregierung hat die Wirksamkeit von Lotsen bereits erkannt und die Einführung von Patientenlotsen als ein Ziel in ihren Koalitionsvertrag übernommen.