Schlaganfall-Patienten sind gefährdet
© Adobe

Schlaganfall-Patienten sind gefährdet

Schlaganfall-Betroffene fallen häufig in eine Depression. Im schlimmsten Fall führt die zu Suizidgedanken, wie Studien zeigen. Zum Welt-Suizidpräventionstag am 10. September will die Deutsche Schlaganfall-Hilfe Aufmerksamkeit für dieses Thema schaffen.

Ein Drittel erleidet eine Depression

Der Schlaganfall ist die häufigste Folge für Behinderungen im Erwachsenenalter. Rund 60 Prozent der überlebenden Patienten sind langfristig auf Therapie, Hilfsmittel oder Pflege angewiesen. Nicht verwunderlich ist deshalb, dass die Post Stroke Depression (PSD), die Depression nach Schlaganfall, mittlerweile als eine der häufigsten Folgen der Erkrankung gilt. In der internationalen Fachliteratur gehen Experten davon aus, dass etwa ein Drittel der Patientinnen und Patienten früher oder später eine Depression entwickelt. Die Ursachen dafür sehen die Experten vor allem in der Trauer der Patienten über den bleibenden Verlust von Fähigkeiten und in ihrer krankheitsbedingten Antriebslosigkeit, die eine weitere Rehabilitation verhindert. Ein Kreislauf, aus dem die viele Menschen ohne ärztliche oder therapeutische Hilfe nicht herauskommen.

Studie belegt erhöhtes Risiko

Dass eine Depression bei Schlaganfall-Patienten auch mit einer erhöhten Suizidgefahr einhergeht, zeigt eine Studie aus Taiwan. 12 Jahre lang beobachteten Forscher über 700.000 Schlaganfall-Patienten und verglichen deren Daten mit 1,4 Millionen Menschen, die nach Alter und Geschlecht der Patientengruppe entsprachen. Wichtigstes Ergebnis: Das Suizid-Risiko der Schlaganfall-Patienten war mehr als doppelt so hoch. Besonders gefährdet waren Betroffene, die jünger waren (unter 50), über ein geringes Einkommen verfügten oder in ländlichen Gebieten lebten.

Ergebnisse scheinen plausibel

„Das Ergebnis ist nicht überraschend“, sagt der Essener Neurologe Prof. Dr. Mario Siebler, Regionalbeauftragter der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. „Jüngere Menschen haben häufig am meisten zu verlieren. Ein Schlaganfall kann Patienten in finanzielle Nöte stürzen, weil sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Hinzu kommt der Verlust der Mobilität, der gerade in ländlichen Regionen schnell zur Vereinsamung führen kann.“ Auch wenn die Ergebnisse nicht 1:1 auf deutsche Verhältnisse übertragbar seien, gibt es aus Sieblers Sicht keine Zweifel an der Tendenz.

Achtsam in der Nachsorge

Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe appelliert deshalb an Ärztinnen und Ärzte, an Therapierende und Pflegende, aber auch an Angehörige und das Umfeld von Schlaganfall-Betroffenen, eine besondere Sensibilität für dieses Risiko zu entwickeln. „In der Rehabilitation behandeln wir Schlaganfall-Patienten heute oft schon sehr früh gegen eine sich anbahnende Depression“, so Siebler. „Doch sie kann sich auch erst später entwickeln, wenn die Patienten zuhause sind und sich ihrer Situation immer mehr bewusst werden.“ Denn Rehabilitationserfolge sind in den ersten Wochen nach einem Schlaganfall in der Regel am größten. Mit zunehmender Zeit werden die Fortschritte jedoch geringer, was auch das Risiko einer Depression erhöhen kann.

Literatur:
Harnod T, Lin CL and Kao CH. Risk of Suicide Attempt in Poststroke Patients: A Population‐Based Cohort Study. Journal of the American Heart Association. 2018;7:e007830, originally published January 10, 2018; doi.org/10.1161/JAHA.117.007830

Thala - Das Gesundheitsmagazin der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
Thala - Das Gesundheitsmagazin der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe