"Sollte in die Regelfinanzierung"

Claudia Middendorf setzt sich für die Interessen von Patienten ein. Nach ihrem Besuch in der Stiftung sprach Mario Leisle mit ihr.

Claudia Middendorf, die Beauftragte der Landesregierung Nordrhein-Westfalen

Im Interview
Claudia Middendorf
Beauftragte der Landesregierung für Menschen mit Behinderung sowie für Patientinnen und Patienten in Nordrhein-Westfalen

  • Frau Middendorf, Sie haben sich intensiv über die Arbeit der Schlaganfall-Hilfe informiert, insbesondere über das Projekt der Schlaganfall-Lotsen. Was nehmen Sie mit?

Ich nehme mit, dass die Arbeit der Schlaganfall-Lotsen sehr zielgerichtet auf den Patienten ausgerichtet ist. Das Gespräch mit einer Betroffenen und einer Schlaganfall-Lotsin hat mir gezeigt, wie praktisch das Herangehen ist, im Mittelpunkt steht das Patientenwohl. Das war ein sehr positiver Eindruck, den ich auch in die Krankenhausplanung Nordrhein-Westfalen einbringen werde, dass die Schlaganfall-Lotsen ein wesentlicher Bestandteil für die Versorgung der Patienten sind, insbesondere in der Nachsorge.

  • Sie kommen ja selbst aus der sozialen Arbeit. Teilen Sie den Ansatz des so genannten Case Managements, wie ihn die Schlaganfall-Lotsen verfolgen?

Ja, auf jeden Fall. Auch wenn sich das bei uns noch nicht ganz durchgesetzt hat. Case-Management heißt ja, multiprofessionell zu arbeiten, in den unterschiedlichen Denkweisen, und zwar sektorenübergreifend stationär und ambulant. Das müssten wir eigentlich viel mehr in den Blick nehmen. Dieser Ansatz ist sehr zielgerichtet auf den individuellen Patienten, denn jeder Patient hat seine eigene Geschichte. Das ist das, was wir brauchen.

  • Jetzt weiß man ja, dass manche Modellprojekte trotz guter Ergebnisse nach ihrem Ende in einer Schublade verkümmern. Was wünschen Sie sich von dem Lotsen-Projekt?

Also, ich glaube, Patientenlotsen sind genau der richtige Weg, den wir jetzt in dieser Zeit benötigen, auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wir sprechen gerade im Gesundheitssektor immer von explodierenden Kosten und ich glaube, ein Lotse kann darauf hinwirken, dass Patienten zielgerichteter versorgt und unterstützt werden. Aus meiner Sicht ist das die Zukunft. Für mich nehme ich mit, dass wir so etwas in Nordrhein-Westfalen etablieren müssen. Da steckt ganz viel Positives darin, das ist ja teilweise schon evaluiert und reflektiert. Es nützt dem Patienten, und wenn Projekte gut und nützlich sind, sollten sie in die Regelfinanzierung überführt werden. Das werde ich unterstützen.

  • Ein weiteres Thema ihres Besuches war die Schlaganfall-Selbsthilfe, eines Ihrer großen Themen als Patientenbeauftragte. Was denken Sie, wie muss sich Selbsthilfe in unserer Gesellschaft künftig weiterentwickeln?

Selbsthilfe will ja nicht nur Patienten mitnehmen. Gerade in der Coronazeit haben wir sehr viel darüber gesprochen, dass auch Angehörige eine wichtige Säule der Versorgung darstellen und dazu beitragen, das Gesundheitswesen zu entlasten. Ich glaube, Selbsthilfe ist nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Angehörigen wichtig. Auch sie können daraus Kraft schöpfen, wenn sie spüren, sie sind nicht allein mit ihrem Schicksal. Und wichtig ist für mich auch, dass wir junge Leute mitnehmen. Da brauchen wir sicherlich noch andere Formate, ich denke da auch an digitale Formen.

  • Letzte Frage zum Thema Ehrenamt. Das Projekt der ehrenamtlichen Schlaganfall-Helfer der Stiftung ist eine Erfolgsgeschichte, in Kürze wird der 500. Helfer ausgebildet. Insgesamt aber hat das Ehrenamt zunehmend mit Herausforderungen zu kämpfen. Gibt es politische Überlegungen, wie man es stärken kann?

Ja, diskutiert wird beispielsweise, wie weit man das Ehrenamt steuerlich geltend machen kann oder ehrenamtliches Engagement in der Rentenversorgung berücksichtigt werden könnte. Ich glaube, wir werden in Zukunft nicht mehr so viele Menschen finden, die ehrenamtlich tätig sein können. Wir können uns nicht nur auf rüstige Rentner verlassen, sondern müssen auch jüngere Menschen dafür begeistern. Dafür müssen wir das Ehrenamt aufwerten.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

"Patientenlotsen sind die Zukunft" - Mehr zum Besuch der Landespatienten- und –behindertenbeauftragte Claudia Middendorf bei uns.