Umfangreicher Umbau eines Autos
© Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

Technische Umbauten: „Geht nicht“ gibt´s nicht

Das Steuern eines Fahrzeugs ist dank digitaler Technik heute selbst mit großen körperlichen Einschränkungen möglich. Und gerade für Schlaganfall-Patienten gibt es gute Lösungen.

Digital wird´s möglich

Alexander Nerz ist Marketingleiter bei Paravan. Das schwäbische Unternehmen mit 180 Mitarbeitern blickt auf über 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung technischer Lösungen und der Umrüstung von behindertengerechten Fahrzeugen. Die digitale Technik hat vieles möglich gemacht, wovon man noch vor wenigen Jahren geträumt hat. Mobilität trotz Handicap bei maximaler Sicherheit ist heute kein Widerspruch mehr. Bei besonders schwer betroffenen Patienten, die beispielsweise nur noch die Finger bewegen können, kann heute ein digitales Fahr- und Lenksystem eingebaut werden, so dass der Fahrer mit einer Hand das komplette Fahrzeug über einen „Joystick“ steuert. Voraussetzung ist natürlich immer, er ist geistig und psychisch in der Lage, ein Fahrzeug zu führen und kann dies über Gutachten belegen.

Lösungen für Halbseitenlähmung

Häufigste Behinderung bei Schlaganfall-Patienten ist die Halbseitenlähmung. Bei linksseitiger Lähmung können Gas und Bremse eines Automatikwagens problemlos bedient werden. Ist die rechte Seite betroffen, „empfehlen wir eine Umrüstung. Da wird ein elektronisches Gaspedal links eingebaut“, so Nerz. Das erfordert natürlich eine Umgewöhnung. Übungsstunden können Fahrer sich in einer Fahrschule holen, die sich auf Menschen mit Handicaps spezialisiert hat. Hinweise darauf liefert die Broschüre der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

Paravan verfügt über eine eigene Fahrschule mit einem Auto, das quasi mit allen technischen Möglichkeiten ausgestattet ist, die für Schlaganfall-Patienten in Frage kommen. Kunde und Fahrlehrer analysieren zunächst gemeinsam, welche Umrüstungen notwendig und sinnvoll sind. Neben dem Pedal-Umbau ist die Steuerung entscheidend. Hier ist das wichtigste Hilfsmittel weiterhin der Knauf am Lenkrad, mit dessen Hilfe eine einhändige Steuerung möglich ist.

Multifunktionsknauf für Autofahren nach Schlaganfall

Autotyp nicht entscheidend

„Wir verbauen auf Wunsch auch heute noch den klassischen Holzknauf“, sagt Alexander Nerz. Doch das sei eher die Ausnahme. Gängige Praxis ist heute ein Multifunktionsknauf, der neben der Lenkung auch eine Vielzahl so genannter sekundärer Funktionen aufnehmen kann wie Blinker, Hupe oder Fernlicht. Mit welchen Funktionen ein Knauf belegt werden kann, ist immer abhängig vom Fahrzeugtyp.

 Grundsätzlich aber sind Marke und Typ eines Fahrzeugs nicht entscheidend, wenn es um typische Umbauten für einen Patienten mit Halbseitenlähmung geht. Sie können quasi an jedem Fahrzeug vorgenommen werden. Es sollte allerdings nicht zu alt sein, dann natürlich kostet ein Umbau Geld, und die Investition sollte in einem vernünftigen Verhältnis zum Zeitwert des Pkw stehen. Grundsätzlich gilt jedoch: Autofahren nach Schlaganfall muss nicht zwangsläufig mit der Neuanschaffung eines Autos erkauft werden.

Sprachsteuerung als Ergänzung

"Touch System“ mit Spracherkennung

Eingeschränkter ist die Auswahl, wenn der Patient auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Dann muss der Umrüster auch die Karosserie umbauen, das Auto möglicherweise tiefer legen und ein Rampensystem einsetzen. Sicherungssysteme für den Rollstuhl müssen verbaut werden. Hierfür eignen sich nur bestimmte Fahrzeugtypen. Das Fahrschulauto von Paravan bietet über Linksgas und Knauf hinaus weitere technische Möglichkeiten. Ein Gasring am Lenkrad zum Beispiel und eine Handbremse – eine Kombinationslösung für Menschen, bei denen keine oder eine zu schwache Beinfunktion vorhanden ist. Wer es komfortabel haben möchte, kann auch das „Touch System“ nutzen, eine Konsole mit Touchscreen, belegt mit weiteren Funktionen, zum Beispiel Fensterheber oder Klimaanlage. Dies lässt sich für die Fahrt, wenn der Fahrer keine gesunde Hand frei hat, auf Sprachsteuerung umstellen.

Inklusives Fahrzeug

Früher war ein Fahrzeug mit einem Knauf ein Behindertenfahrzeug und durfte nur von dem Behinderten geführt werden. Das ist im elektronischen Zeitalter anders. „Man kein ein Linksgas deaktivieren, die Handgeräte ebenso, einen Knauf abziehen – und dann kann jeder in der Familie das Fahrzeug nutzen“, sagt Alexander Nerz. „Es ist ein inklusives Fahrzeug.“ Die Kosten einer Fahrzeugumrüstung werden teilweise von unterschiedlichen Kostenträgern wie Rentenversicherung, Agentur für Arbeit oder Berufsgenossenschaften übernommen. Auch hier gibt die Broschüre der Deutschen Schlaganfall-Hilfe weitere Auskünfte. Autoumrüster wie Paravan unterstützen ihre Kunden bei der Antragstellung.