Neurologische Rehabilitation wirkt auch im Alter

Neurologische Rehabilitation wirkt auch im Alter

Neurologische Rehabilitation wirkt auch nach einem Schlaganfall im Alter. Das hat Prof. Dr. Stefan Knecht an der St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch nachgewiesen. 

Prof. Dr. Stefan Knecht

Prof. Dr. Stefan Knecht
St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch

Knecht hatte sich zuvor mit der Frage beschäftigt: Erhalten Schlaganfall-Patienten in Deutschland die Rehabilitation, die sie benötigen? Seine Datenauswertung fiel ernüchternd aus. Je älter die Patienten werden, desto weniger Reha erhalten sie. Ein großer Teil erhält gar keine Maßnahme mehr, viele kommen in die Geriatrie (Altersmedizin). Die wenigsten werden in eine neurologische Fachklinik überwiesen. Über die Gründe dafür kann man nur mutmaßen. Häufig werden Kliniken Patienten wohl intern in die eigene geriatrische Abteilung verlegen. Für die Kassen ist das die günstigere Lösung. In der Geriatrie ist die Therapiedichte deutlich geringer als in der Neurologie. 120 bis 300 Minuten Training stehen dort täglich auf dem Programm, geriatrische Patienten erhalten lediglich 45 Minuten, um sie nicht zu überlasten. Darauf stützt sich oft auch die Begründung der Kassen, eine neurologische Reha abzulehnen.

Argument der Überlastung entkräftet

„Dieses Argument konnten wir mit unserer Studie quasi entkräften“, stellt Knecht fest. Mit seinen Kollegen hat er sich die Verläufe von über 2.000 Patienten, die in Meerbusch zwischen 2008 und 2012 eine Schlaganfall-Rehabilitation durchlaufen haben, genau angesehen. Um die Daten vergleichbar zu machen, wurde jeweils ein Zeitraum von vier Wochen stationärer neurologischer Rehabilitation betrachtet. Kriterium für den Erfolg der Rehabilitation war der Barthel-Index, ein Maß für die funktionelle Leistungsfähigkeit der Patienten. Bekannt ist, dass ältere Menschen Rehabilitationseinrichtungen im Mittel mit einem schlechteren Barthel-Index verlassen als jüngere. Das muss aber nicht heißen, dass die Rehabilitation keinen Erfolg brachte. Es könnte daran liegen, dass die Funktionsfähigkeit schon zu Beginn schlechter war.

Jung oder alt – die Effekte sind gleich

Genau das konnten die Rehabilitationsexperten nachweisen: Sowohl bei unter 65-jährigen Patienten als auch bei Patienten zwischen 65 und 80 Jahren und auch bei über 80-jährigen Patienten verbesserte sich der Barthel-Index durch die täglich mehrstündigen Rehabilitationsmaßnahmen um 14 bis 15 Punkte. „Von der neurologischen Rehabilitation profitieren also Schlaganfall-Patienten in allen Altersstufen gleichermaßen“, so Knecht. 

Und noch etwas anderes zeigen die Daten aus Meerbusch: Je mehr Stunden die Patienten pro Tag trainieren, umso höher sind die Erfolgsraten. Dieser Zusammenhang ist statistisch komplett unabhängig vom Alter. Unter dem Strich bedeutet das: Die Ausgangsbasis mag eine andere sein, doch die Effekte der neurologischen Rehabilitation sind gleich, unabhängig vom Alter. Die Konsequenzen aus diesen Daten liegen auf der Hand: Alle Schlaganfall-Patienten sollten eine möglichst intensive neurologische Rehabilitation erhalten, um die Potenziale voll auszuschöpfen.

Nächster Schritt: Langzeitbetrachtung

Im Laufe der Zeit hat Knecht ein Meerbuscher Schlaganfall-Register mit über 10.000 Patientendaten aufgelegt. Doch mit Entlassung aus der Rehabilitation endet der Datenstrom. Sein Wunsch wäre, den Datenpool zu ergänzen. Durch telefonische Interviews und die Erhebung einiger Gesundheitsdaten ließe sich nachweisen, wovon Patienten langfristig profitieren und welche Konzepte sich eignen, um die Therapietreue hochzuhalten. Darüber weiß man bisher nur wenig.