Unterstützung für Angehörige

In Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat die Stiftung Warentest einen Ratgeber herausgegeben. "Schlaganfall – Gemeinsam zurück ins Leben" richtet sich weniger an Betroffene, sondern möchte vorrangig Angehörige unterstützen. Mario Leisle traf die Autorin Elke Klug in Berlin.

  • Frau Klug, was darf ich als Leser von dem Ratgeber erwarten?

Wie der Name schon sagt: Ratschläge in vielen Fragen. Es gibt einen kleinen medizinischen Teil, der das Ereignis Schlaganfall erklärt. Der Großteil der Themen bezieht sich auf das alltägliche Leben nach einem Schlaganfall. Ich erwarte nicht, dass alle Interessierten ihn von vorn bis hinten durchlesen. Das Buch ist so strukturiert, dass jeder sich das heraussuchen kann, was für ihn relevant ist.

 

  • Waren Sie mit dem Thema Schlaganfall schon vertraut?

Ja, aber die Zielgruppe war neu. Es ist ein großer Unterschied, ob man für Betroffene oder Angehörige schreibt. Letztere haben ganz andere Fragen. Die Gespräche mit den Betroffenen und ihren Partnern haben mir sehr geholfen, die Fragestellungen zu strukturieren.

 

  • Wie konkret sind Ihre Ratschläge?

Man kann keine Ratschläge für den Einzelfall geben, aber zum Beispiel wichtige Hinweise auf weitergehende Hilfen. Die Pflegestützpunkte etwa sind tolle Einrichtungen. Das sind Beratungsstellen, in denen ich persönlich sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Viele wissen gar nicht, dass es diese Stützpunkte gibt.

 

  • Ist die mangelnde Information das große Problem?

Eines von mehreren. Manche Angehörige kostet es auch große Überwindung, sich überhaupt Hilfe zu holen. Das fängt schon im Krankenhaus an. Da gibt es z. B. den Sozialdienst, den man auf jeden Fall in Anspruch nehmen sollte, dann die Pflegestützpunkte, Beratungsstellen für Schlaganfall- Patienten, die Integrationsämter usw.

 

  • Können sich Angehörige auf die Situation zu Hause vorbereiten?

Ja, sie sollten sich sehr gut informieren, schon in der Rehabilitationsphase, wenn bekannt ist, mit welchen Beeinträchtigungen bei dem Patienten zu rechnen ist. Dafür ist das Gespräch mit dem behandelnden Arzt und den Therapeuten ganz wichtig. Oft kommt die Kommunikation zu kurz, aber man sollte unbedingt darauf bestehen.

 

  • Was hat Sie bei Ihren Recherchen überrascht?

Wozu der menschliche Körper in der Lage ist und wie viel die Reha bringen kann. Und dass es für Schlaganfall-Patienten keine vernünftige Nachsorgestruktur gibt. Aber andererseits auch, wie viele Unterstützungsmöglichkeiten es gibt und wie motiviert die Angehörigen, die ich kennengelernt habe, die neue Situation als Herausforderung angenommen haben und die Probleme lösen. Wie zum Beispiel Frau Brinkmeier mit der Aphasie ihres Mannes umgeht, und das seit vielen Jahren, hat mir sehr imponiert.

 

  • Was ist Ihnen negativ aufgefallen?

Unser kompliziertes Gesundheits- und Sozialsystem, das meines Erachtens ziemlich überreguliert ist. Es ist fast ein Wunder, dass es am Ende meist doch irgendwie funktioniert. Besser wäre, wenn Angehörige nicht die Hälfte der Pflegezeit am Schreibtisch verbringen müssten.

 

  • Welches Thema haben Sie unterschätzt?

Ganz klar „Autofahren nach Schlaganfall“, vor allem im Umfang dessen, was alles zu bedenken ist: Ein wichtiges Thema, gerade für Menschen im ländlichen Raum, aber auch unglaublich kompliziert. Darüber allein kann man ein Buch schreiben.

 

  • Wie könnten Angehörige besser unterstützt werden?

Ein tolles Projekt sind die ehrenamtlichen Schlaganfall-Helfer der Deutschen Schlaganfall-Hilfe. Ich würde mir wünschen, dass es sie überall gibt. Ein sehr vielversprechendes Konzept sind auch die Schlaganfall-Lotsen, sie geben den Patienten und Angehörigen Sicherheit, vor allem in der ersten Zeit nach der Akutphase. Ich hoffe, dass sich dieses Modell bundesweit durchsetzt. Eine sehr wichtige Rolle spielt auch die Selbsthilfe.

 

 

Frau Klug, vielen Dank für das Gespräch.