Die neue Leitlinie, an der auch die Schlaganfall-Hilfe mitgearbeitet hat, gibt Fachpersonal aus Medizin und Therapie Handlungsempfehlungen für die Versorgung des spastischen Syndroms, auch Spastik oder Spastizität genannt.
Spastik kann in Muskeln auftreten, die durch Schädigungen im Rückenmark oder Gehirn – zum Beispiel durch einen Schlaganfall – gelähmt sind. „Die Muskelspannung (Muskeltonus) ist beim spastischen Syndrom zum Teil auch ohne bewusste Bewegung erhöht“, erklärt Prof. Dr. Thomas Platz (DGN), einer der beiden Koordinatoren der Leitlinie.
Kombinierte Therapien
Die Spastik beeinträchtigt teilweise zusätzlich die Bewegungsfähigkeit der gelähmten Muskulatur. Betroffene bemerken dabei in der Regel zunächst nur die Lähmung. „Die erhöhte Muskelspannung setzt erst mit der Zeit ein – nach einem Schlaganfall etwa zunehmend in den ersten drei bis sechs Monaten“, weiß Prof. Platz. Längerfristig sind etwa zehn Prozent der Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten von einer schweren Spastik betroffen.
Das spastische Syndrom sollte behandelt werden, wenn es die Betroffenen in ihrem Alltag beeinträchtigt.
Die aktualisierte Leitlinie nennt dazu verschiedene Therapien.
Die Möglichkeiten reichen von
- Ergo- und Physiotherapie sowie
- ergänzendem Eigentraining über
- Hilfsmittel wie Lagerungsschienen und Orthesen bis hin zu
- medikamentösen Therapien, beispielsweise mit Tabletten oder Botulinumtoxin, beziehungsweise auch
- chirurgischen Verfahren.
Ergänzende Therapieverfahren können bei Bedarf unterstützend eingesetzt werden
Hier sind für Schlaganfall-Betroffene unter anderem die
- fokale Vibration betroffener Muskelgruppen im Arm oder das
- Kinesiotaping gegen Schulterschmerzen neu in die Leitlinie aufgenommen worden.
Die Behandlung in einem regionalen Schwerpunktzentrum empfiehlt Experte Prof. Platz, wenn ambulant keine ausreichende Versorgung erreicht wird beziehungsweise wenn spezialisierte Behandlungsverfahren wie der Einsatz einer Baclofen-Pumpe oder ein anderes operatives Verfahren Teil der Therapie sind.
Welche Therapieform für Betroffene infrage kommt, ist je nach individuellem Fall unterschiedlich.
Die Leitlinie empfiehlt eine multiprofessionelle Behandlung
Allerdings empfiehlt die Leitlinie eine multiprofessionelle Behandlung, bei der Ärztinnen oder Ärzte sowie Fachkräfte aus Therapie und Hilfsmittelversorgung mit den Betroffenen und ihren Angehörigen zusammenarbeiten. Behandlungsziel sollte immer sein, für die Betroffenen Erleichterungen im Alltag zu erzielen.
Neben der DGN und der DGNR waren diese Fachgesellschaften und Organisationen an der Erstellung der Leitlinie beteiligt:
- Bundesverband Rehabilitation (BDH)
- Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie e. V. (DGNC)
- Deutsche Gesellschaft für Physiotherapiewissenschaft (DGPTW)
- Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie e. V. (DGPRÄC)
- Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft für Paraplegiologie e. V. (DMGP)
- Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN)
- Österreichische Gesellschaft für Neurorehabilitation (OeGNR)
- Physio Deutschland – Deutscher Verband für Physiotherapie e. V. (ZVK)
- Schweizerische Neurologische Gesellschaft (SNG)
- Schweizerische Gesellschaft für Neurorehabilitation (SGNR)
- Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
- Verstehen & VermeidenBasisinformationen zum Thema Schlaganfall
- Medien- und WarenkorbInformationsmaterial als Download und zum Bestellen.
- Wissen hilft weiterUnterstützen Sie unsere Arbeit durch Ihre Spende.