im "Haus für morgen" ein neues Zuhause finden

Der Bedarf ist groß

Jüngere Schlaganfall-Betroffene sollen im "Haus für morgen" ein neues Zuhause finden. "Fördern statt verwahren" könnte als Motto über dem Hamburger Pilotprojekt stehen.

Neun Plätze – alle in Einzelzimmern mit Bad – zählt die WG im angesagten Hamburger Stadtteil St. Georg. Im Sommer 2020, mitten in der Pandemie, eröffnete die Einrichtung. Dennoch dauerte es nicht lange, bis die Plätze gefüllt waren. Und die Warteliste wird länger. "Die meisten, die hier anrufen, sind ziemlich verzweifelt, sie wissen einfach nicht, wohin", sagt Christiane Holtappels vom Trägerverein "Haus für morgen".

Jüngere Schlaganfall-Betroffene ins Pflegeheim?

Es sind jüngere Schlaganfall-Betroffene oder deren Angehörige, die sich in der neuartigen Einrichtung melden. Durch einen Schlaganfall schwer getroffen und nicht mehr in der Lage, ihr altes Leben weiterzuführen, stehen sie plötzlich vor der existenziellen Frage, wie es weitergehen kann. In der Regel bleibt solchen Patientinnen und Patienten am Ende nur der Weg in ein Pflegeheim, wo sie dann gemeinsam mit hochbetagten und dementen Bewohnerinnen und Bewohnern leben.

Nicht nur pflegen, sondern auch therapieren und fördern

Als der Jurist Hendrik Wentzel durch einen Schlaganfall aus einem erfolgreichen Arbeitsleben gerissen wurde, konnte sich Ehefrau Barbara Wentzel eine solche Perspektive für ihn nicht vorstellen. Doch ein Zuhause, in dem jüngere Betroffene nicht nur gepflegt, sondern auch therapiert und gefördert werden, fand sie nicht. Deshalb schrieb sie ein Buch. Sie ging in TV-Talkshows, um über die Misere zu berichten, gründete einen Verein und schließlich die WG.

Barbara Wentzel (rechts) ist froh, dass ihr Mann Hendrik ein neues Zuhause gefunden hat. Christiane Holtappels unterstützt das Projekt.

Autonomie im Fokus

Bewohnerinnen und Bewohner sind Mieter. Bei der Aufnahme neuer Bewohnerinnen und Bewohner entscheiden sie oder ihre Angehörigen mit, denn in der Wohngemeinschaft soll auch das menschliche Miteinander stimmen. Ein ambulanter Pflegedienst deckt die pflegerische Versorgung ab, niedergelassene Therapeutinnen und Therapeuten kommen nach Verordnung in die WG.

Einen besonderen Fokus legt das Konzept auf Teilhabe und Autonomie. Diesen Aspekt – individuelle Motivation und die Förderung von Stärken und Selbstständigkeit – soll jetzt eine zusätzliche Kraft abdecken, die durch externe Mittel finanziert wird.Die große Nachfrage zeigt, dass der Bedarf für das Angebot vorhanden ist. Das Konzept ist in ständiger Entwicklung, "weil wir täglich dazulernen", erklärt Gründerin Barbara Wentzel. Deshalb gibt es bereits Überlegungen, das Projekt zu erweitern. Barbara Wentzel sucht nach Möglichkeiten, das Wissen und die Erfahrungen weiterzugeben, und ein zweiter Standort ist bereits im Gespräch.