Eine Sonde unter der Haut
Der Vagus ist der längste der zwölf Hirnnerven. Er beginnt im Gehirn und führt durch den Hals über den Brustraum zu den inneren Organen. In der Studie wurde Schlaganfall-Patienten mit mittleren bis starken Lähmungen des Armes eine Sonde im Halsbereich unter die Haut geschoben und um den Nervenstrang gelegt. Das winzige Steuergerät schoben die Ärzte im Brustraum ebenfalls unter die Haut.
Schlaganfall lag drei Jahre zurück
Die 108 Patienten, deren Schlaganfall im Mittel bereits drei Jahre zurücklag, absolvierten anschließend über sechs Wochen ein Armtraining. Bei einer Hälfte der Patienten wurde der Vagusnerv-Stimulator aktiviert, bei der anderen blieb er ausgeschaltet. Keiner der Patienten wusste, zu welcher Gruppe er gehörte.
Erkennbare Fortschritte gemacht
Nach sechs Wochen führten die Ärzte eine Testreihe mit den Patienten durch und bewerteten die Funktionsfähigkeit ihrer beeinträchtigten Arme nach dem Fugl-Meyer-Score, einer international anerkannten Methode. Dabei hatte die stimulierte Patientengruppe erkennbar mehr Fortschritte durch die Übungen gemacht als die nicht-stimulierte. Eine Nachuntersuchung drei Monate später bestätigte die Ergebnisse.
Nervenverbindungen werden geknüpft
Vermutet wird, dass durch die Stimulation vermehrt so genannte Neurotransmitter im Gehirn freigesetzt werden. Das sind Botenstoffe, die die Erregung einer Nervenzelle auf die andere übertragen und so die Verknüpfung neuer Nervenverbindungen fördern. Sie erleichtern das Wiedererlenen von Bewegungen in Verbindung mit therapeutischen Übungen. Der US-amerikanische Hersteller des Stimulators hofft nun auf eine Zulassung der Methode für den therapeutischen Alltag.
Gute Nachricht für Patienten
Prof. Thomas Platz, einer der führenden Neurologen auf dem Gebiet der Armrehabilitation, freut sich über das gute Ergebnis der Studie. „Dass es bei Personen mit Armlähmungen selbst so lange Zeit nach einem Schlaganfall gelingt, wirklich relevante funktionelle Verbesserungen zu erzielen, ist für alle, auch unabhängig von der Vagus-Stimulation, erst mal ein sehr positives Signal“, sagte der Experte im Interview mit dem Fachmedium medica.de.
Neue Behandlungsoption
Die Studie zeige, „dass die Stimulation Effekte einer Trainingsbehandlung relevant verstärken kann, nebenwirkungsarm ist und von den Patienten gut akzeptiert wurde.“ Zwar sei die invasive Anwendung der Stimulation teuer und nicht risikofrei, doch durch diesen Ansatz könnte, „begleitet von weiteren Untersuchungen, eine ganz neue Behandlungsoption entstehen. Der nächste Schritt könnte sein, die Stimulation von außen, ohne Implantation, zu erproben.“
Die Studie wurde gerade im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht.