Ärzte in der Neuroradiologie

Stresstest bestanden

Das deutsche Gesundheitswesen hat den ersten „Stresstest Coronakrise“ bestanden. Das gilt auch für die Schlaganfall-Versorgung, wie ein internationaler Vergleich zeigt.

Schlaganfall-Versorgung gut aufgestellt

Schlaganfall-Experten aus Italien, Deutschland und Frankreich haben in einer gerade veröffentlichten Arbeit ihre Erfahrungen mit der Schlaganfall-Versorgung während der Coronakrise zusammengetragen. Fazit: Die letzten Wochen und Monate haben bestätigt, was deutsche Neurologen schon lange wussten. Die akute Schlaganfall-Versorgung in Deutschland ist hervorragend aufgestellt.

Italien und Frankreich schwerer betroffen

Die Patientenversorgung auf den Stroke Units (Schlaganfall-Stationen) war hierzulande zu keiner Zeit in Gefahr, Einschränkungen wie in Italien oder Frankreich gab es nicht. In der Lombardei oder im Elsass wurden beispielsweise ganze Krankenhäuser zu Covid-Kliniken umgerüstet und konnten so keine Schlaganfälle mehr behandeln. Dadurch verlängerten sich die Transportwege der Patienten teilweise und die Therapien begannen erst verzögert.

Deutschland hat mehr Kapazitäten

Zwar hielten auch die Kliniken in Deutschland Betten auf Intensivstationen und Stroke Units frei, doch vielerorts fiel das kaum auf, weil sie generell über deutlich höhere Kapazitäten verfügen. Hinzu kommt, dass sich die Kliniken gut auf die Krise einstellen konnten, weil Deutschland später von der Pandemie betroffen war und die politischen Maßnahmen schnell Wirkung zeigten.

Weniger Patienten in der Krise

In einem Punkt machten alle drei Länder ähnliche Erfahrungen: viele Schlaganfall-Stationen hatten weniger Patienten. Fast 50 Prozent weniger transitorisch-ischämische Attacken (TIA) verzeichnete das Krupp-Krankenhaus Essen in der ersten Phase des Shutdowns ab Mitte März. Die Vermutung ist, dass viele Patienten mit solchen leichteren, vorübergehenden Symptomen aus Angst vor einer Ansteckung den Weg in die Klinik scheuten.

Angst der Patienten kann Folgen haben

„Ob das nachhaltig Folgen haben wird, werden wir erst in einiger Zeit sehen können“, sagt Privatdozent Dr. Ralph Weber, einer der Autoren der Arbeit. TIA-Patienten haben ein deutlich erhöhtes Risiko für einen weiteren, schwereren Schlaganfall, vor allem, wenn die Ursachen unbehandelt bleiben. Inzwischen scheint sich die Situation in den Akutkliniken normalisiert zu haben, die Zahl der TIA-Patienten ist wieder gestiegen.

Kliniken haben gelernt

Die Erfahrungen, die deutsche Neurologen in dieser Krise gesammelt haben, könnten künftig noch sehr hilfreich sein. „Das Konzept der schnellen Isolierung bei Verdachtsfällen hat gut funktioniert,“ berichtet der Essener Neurologe Weber. „In unserer Klinik wenden wir es mittlerweile auch bei älteren Patienten mit atypischen Symptomen an.“ Und die Kommunikation mit Patienten in der Nachsorge lief vermehrt über das Internet. Auch hier habe man gute Erfahrungen gemacht.

Jeder Schlaganfall ist ein Notfall!

Fazit: Sollte es eine „zweite Welle“ von Infektionen geben, was sich niemand wünscht, sind die neurologischen Kliniken in Deutschland gerüstet. Patienten mit Schlaganfall-Symptomen haben also keinen Anlass, sich zusätzliche Sorgen zu machen. Auch in Corona-Zeiten gilt beim geringsten Verdacht: Jeder Schlaganfall ist ein Notfall! Jede Minute zählt!

 

Hier geht es zur Originalarbeit im European Journal of Neurology.

 

Corona und Schlaganfall

Antworten auf Fragen, die uns zu diesem Thema erreichten, haben wir hier für Sie zusammengestellt.