„Erst konnte ich nicht laufen, aber ich hatte mir fest vorgenommen, die Reha-Klinik nicht im Rollstuhl zu verlassen“, erinnert er sich. Mit viel Disziplin hat er sein Ziel erreicht, ging später trotz halbseitiger Lähmung sogar wieder joggen. Doch er hatte noch eine andere Idee im Kopf: „Boxen und Rugby gingen nach dem Schlaganfall nicht mehr, doch als Kind und später als Student hatte ich eine Zeit lang Judo gemacht. Das wollte ich nochmal ausprobieren“, erzählt er.
Der Neurologe gab sein Einverständnis – unter der Voraussetzung, dass er nicht an Wettbewerben teilnimmt. Die Physio- und Ergotherapeuten waren skeptisch. „Das geht nicht“, hat er mehr als einmal gehört. Doch Ludger wollte das Gegenteil beweisen. Über das Internet fand er ein Judo-Angebot für Menschen mit Behinderung – überwiegend mit geistigen, nicht körperlichen Behinderungen. „Für den Einstieg war das genau richtig“, sagt der Judoka. „Ich konnte ganz langsam anfangen, schauen, was körperlich noch geht und was nicht und mich wieder an die früheren Bewegungsabläufe erinnern. Ich war als Student bis zum grünen Gürtel gekommen, das ist ein mittleres Niveau.“ Doch die Sportler mit geistiger Behinderung unterliegen anderen Regeln, lernen weniger Griffe und Würfe. Ludger wollte mehr und wechselte zu einem Verein für Nicht-Behinderte. „Der Trainer stellte sofort klar: ‚Du kannst mitmachen, aber ich kümmere mich nicht speziell um dich‘.“, berichtet Ludger. „Schließlich war der Trainer so begeistert von meinen Fortschritten, dass er mich gefragt hat, ob ich nicht den nächsten Gurt machen wolle.“ Selbstverständlich wollte er.
Heute ist Ludger 67 und hat den schwarzen Gürtel, 2. Dan – mehr, als er sich je erhofft hatte. „Die meisten Würfe kann er umsetzen, manche eben nur mit einer Seite. Für die, die ich nicht kann, gibt es meistens auch Ersatztechniken, die ich bei den Prüfungen anwenden kann“, erklärt er. Seine Fortschritte machten sich auch im Alltag bemerkbar: „Ich bin erheblich fitter als vorher und wenn ich mal falle, passiert mir nichts. Ich weiß ja, wie es geht und ich schnell wieder aufstehen kann. Das gibt mir Sicherheit.“ Deswegen findet er es schade, dass so wenige Menschen mit körperlicher Behinderung Judo machen. „Soweit ich recherchiert habe, bin ich der einzige Judoka mit Halbseitenlähmung in NRW, wahrscheinlich sogar bundesweit. Das finde ich schade. Mit den richtigen Vorsichtmaßnahmen und guter Technik ist alles möglich.“