Schlaganfall - unsichtbare Folgen
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Ich spüre was, was Du nicht siehst...

Viele Patienten leiden nach einem Schlaganfall an seinen unsichtbaren Folgen. Diese stellen Betroffene und Angehörige vor große Herausforderungen.

Wenn Menschen beim Gehen auf Hilfsmittel angewiesen sind, wenn sie Schwierigkeiten haben, nach einem Glas Wasser zu greifen, können sie ihren Schlaganfall meist nicht leugnen. Sichtbar behindert zu sein, das ist für viele Betroffene eine schwere Bürde. Doch ein Schlaganfall kann auch ganz andere, unsichtbare Folgen hinterlassen. Die davon Betroffenen leiden oft nicht minder.

Ein jüngerer Mensch erleidet einen Schlaganfall, übersteht diesen äußerlich nahezu unbeschadet. Nach Klinikaufenthalt und wenigen Tagen Ruhe zu Hause kehrt er zurück an seinen Arbeitsplatz. Es gibt ein fröhliches Wiedersehen, die Kollegen freuen sich über den Rückkehrer und am zweiten Tag schon ist alles wie früher. Für ein paar Wochen, bis er zusammenbricht, einfach nicht mehr kann und ärztliche Hilfe sucht. Es folgt eine stationäre neurologische Rehabilitation.

Ein Einzelfall? Keineswegs. In jeder neurologischen Rehabilitationsklinik kennt man diese Verläufe. Der Schlaganfall hinterlässt unsichtbare Folgen. Ein Großteil der Patienten ist von solchen neuropsychologischen Störungen betroffen. Sie können sich nur noch schwer konzentrieren, werden scheinbar vergesslich, sind plötzlich ungeduldig und aufbrausend oder schon mit dem Wochenend-Einkauf im Supermarkt komplett überfordert. Oft spüren die Betroffenen selbst erst nach der Rückkehr in ihren gewohnten Alltag, dass mit ihnen etwas passiert ist, was sie selbst noch nicht verstehen.

Auch wenn in diesem Grenzbereich Ursachen nicht immer ganz trennscharf diagnostiziert werden können, besitzt die Neuropsychologie heute schon wirksame Werkzeuge, vielen Störungen durch Tests und Beobachtungen auf den Grund zu gehen. Die vergleichsweise junge Disziplin hat in den vergangenen Jahren Einzug in alle neurologischen Rehabilitationskliniken gehalten. Deutlich anders sieht es noch im ambulanten Bereich aus. Hier gibt es nach wie vor viel zu wenig niedergelassene Neuropsychologen.

Mit unserem Titelthema, das auch im Mittelpunkt des „Tags gegen den Schlaganfall 2019“ steht, wollen wir die Öffentlichkeit sensibilisieren für die unsichtbaren Folgen des Schlaganfalls. Patienten und Angehörigen möchten wir Anregungen zum Umgang mit diesen neuropsychologischen Funktionsstörungen geben. Neben einem Überblick und dem Gespräch mit einer Expertin richten wir einen besonderen Fokus auf den Neglect, also auf Wahrnehmungsstörungen auf einer Körperseite.