Sprechzeit zum Thema Nachsorge

Herausforderung Schlaganfall-Nachsorge

Ein Schlaganfall ändert das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen von jetzt auf gleich. Nach Entlassung aus der Klinik ist es wichtig, die richtigen Ansprechpartner zu finden. Expertinnen und Experten der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe informierten in einer Telefonsprechstunde.

Kehren die Patientinnen und Patienten nach der Erstversorgung und Rehabilitation nach Hause zurück, gilt es dieses Leben mit Blick auf die Folgen des Schlaganfalls neu zu organisieren. Dabei kommt es einerseits auf eine bestmögliche, meist lebenslange medizinische und therapeutische Versorgung an, andererseits auf ganz praktische Fragen des Alltags – von der Pflege über die Wohnsituation bis zur finanziellen Absicherung. Anlässlich des diesjährigen Tags gegen den Schlaganfall informierten Expertinnen und Experten der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe in einer Telefonsprechstunden.

 

Hier wichtige Fragen und Antworten zum Nachlesen:

  • Wer übernimmt nach der stationären Reha die ärztliche Betreuung für Schlaganfall-Patienten?

Dr. Peter Grein: Üblicherweise sollte die Behandlung durch die hausärztliche Praxis weitergeführt werden. Sie erhält die Arztberichte aus der Klinik und ist über Diagnosen und Medikation informiert. Je nach Befund kann es sinnvoll sein, zusätzlich eine neurologische oder kardiologische Facharztpraxis hinzuzuziehen. Das kann bereits aus der Rehabilitation oder durch Ihren Hausarzt veranlasst werden.

 

 

  •  Wie viel Therapie ist nach einem Schlaganfall sinnvoll?

Sabina Decker: Das ist sehr unterschiedlich und hängt davon ab, welche Folgen der Schlaganfall hinterlassen hat. Sind Lähmungen zurückgeblieben, sollten Patienten viel trainieren. Gerade in der ersten Zeit nach dem Schlaganfall sind die Erfolge am größten. Dafür ist es aber notwendig, dass sie neben den Therapie-Einheiten täglich ein Eigentraining durchführen. Therapeuten unterstützen sie dabei, zeigen ihnen Übungen, die sie gut zuhause durchführen können und erstellen einen Trainingsplan.

 

 

  • Was ist eine Intensivtherapie, und wo finde ich einen Anbieter dafür?

Sabina Decker: Intensivtherapie bietet Patienten die Möglichkeit, auch längere Zeit nach dem Schlaganfall noch Fortschritte zu machen. Wenn man eine gelähmte Hand, einen Arm oder ein Bein über drei Wochen mehrere Stunden täglich trainiert, ergeben sich oft noch erstaunliche Entwicklungen. Die dafür notwendige intensive Betreuung bieten wir im Rahmen unserer NeuroIntensivWochen in unserem Therapiezentrum in Gengenbach regelmäßig an. Nach und nach entstehen in Deutschland mehr Therapiezentren, die Intensivtherapien anbieten. Eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse ist möglich. Adressen von Therapiezentren hält die Deutsche Schlaganfall-Hilfe bereit.

 

 

  • Mein Mann ist noch in der Reha, aber ich soll bereits viele Therapie-Termine für die Zeit danach vereinbaren. Bekomme ich dafür so einfach ein Rezept von seiner Hausärztin?

Gabriele Reckord: So sollte es sein. Gerade in der ersten Zeit nach der Entlassung benötigen Patienten viel Therapie, um weitere Fortschritte zu machen. Was viele nicht wissen: Schlaganfall-Patienten fallen im ersten Jahr der Erkrankung unter den so genannten „Besonderen Verordnungsbedarf“. Das heißt, Hausärzte können ihnen mehr Therapie als üblich verordnen, ohne ihr Budget zu belasten. Außerdem können diese Patienten nach dem ersten Jahr außerbudgetär sogenannten „langfristigen Heilmittelbedarf“ über den Arzt/Therapeuten beantragen.

 

 

  • Mein Mann leidet nach einem Schlaganfall zunehmend unter schmerzhaften Muskel-verkrampfungen. Lässt sich das behandeln?

Dr. Peter Grein: In der Regel lassen sich solche oft spastischen Bewegungsstörungen heute relativ gut behandeln, meist durch eine Kombination von Medikamenten und Physio- oder Ergotherapie. Ihr Mann sollte nur nicht zu lange warten, weil sich unbehandelte Spastiken meist verschlimmern. Ich würde raten, eine neurologische Facharztpraxis aufzusuchen. Gegebenenfalls kann auch der Besuch einer Spezialambulanz sinnvoll sein, die Behandlungen mit Botulinumtoxin durchführen.

 

 

  • Ich habe große Angst, dass es zu einem weiteren Schlaganfall kommt. Was kann ich tun, um das zu verhindern?

Dr. Peter Grein: Die Sorge ist verständlich, aber Angst ist ein schlechter Ratgeber. Die Sekundärprävention, also die Verhinderung eines weiteren Schlaganfalls, beginnt bereits in der Klinik und wird nach der Entlassung durch die hausärztliche Praxis fortgesetzt. Dabei geht es darum, alle möglichen Risikofaktoren zu untersuchen und bei Bedarf medikamentös einzustellen. Auch notwendige Lebensstiländerungen sollten besprochen werden, also etwa eine Ernährungsumstellung oder ein Bewegungsprogramm. So lässt sich das Schlaganfall-Risiko erheblich senken.

 

 

  • Nach meinem Schlaganfall habe ich erst große Fortschritte beim Laufen gemacht, doch inzwischen werde ich wieder unsicherer und stolpere häufig. Was kann ich tun?

Kathrin Jensen: Neben Therapie und Training könnte für Sie eine Fußheberorthese in Betracht kommen. Sie benötigen dafür eine Verordnung ihrer hausärztlichen Praxis oder eines Facharztes. Wir empfehlen in solchen Fällen, sich zunächst Rat in einem Sanitätshaus mit qualifizierter Orthopädietechnik einzuholen, weil Ärzte häufig nicht alle Versorgungsmöglichkeiten kennen. Fragen Sie im Sanitätshaus, ob man dort Erfahrung mit neurologischen Patienten hat. Oder holen Sie sich Rat in einer Schlaganfall-Selbsthilfegruppe, dort kann man Ihnen sicher eine gute Adresse nennen. Mit der Empfehlung Ihres Sanitätshauses wenden Sie sich dann Ihren behandelnden Arzt.

 

 

  • Im Internet habe ich von neuartigen, elektronischen Armorthesen gegen Lähmungen gelesen. Wie erfahre ich, ob das was für mich ist und ob ich Anspruch darauf habe?

Kathrin Jensen: Solche elektronischen Orthesen können vielen, aber nicht allen Patienten helfen. Qualifizierte Orthopädietechniker können gemeinsam mit Ihnen erproben, ob diese Versorgung für Sie infrage kommt. Wenn ja, unterstützt das Sanitätshaus Sie bei der Beantragung des Hilfsmittels bei Ihrer Krankenkasse. Die Hersteller der Orthesen können ihnen ein qualifiziertes Sanitätshaus in der Nähe nennen, an das Sie sich wenden können. Im Zweifel hilft auch die Deutsche Schlaganfall-Hilfe.

 

 

  • Wie lassen sich Probleme bei Konzentration und Aufmerksamkeit nach einem Schlaganfallbehandeln?

Sabina Decker: Viele Patienten leiden nach einem Schlaganfall an solchen unsichtbaren Folgen. Die Konzentration und Aufmerksamkeit ist ein Bestandteil neuropsychologischer Störungen. In unserem Therapiezentrum bieten wir hierfür ein spezielles, computergestütztes Hirnleistungstraining mit Anleitung zum Eigentraining an. Dabei werden Patienten spezifisch auf ihre neuropsychologischen Störungen abgestimmt und unter anderem intensiv behandelt.

 

 

  • Wo bekomme ich Informationen darüber, welche Unterstützung uns nach dem Schlaganfall meiner Frau zur Verfügung steht?

Corinna Berger-Niemeyer: Das ist ein komplexes Thema. Die Folgen eines Schlaganfalls können sehr vielfältig sein, und je nach Problemlage gibt es unterschiedliche Ansprechpartner. Für Patienten und Angehörige ist es oft sehr schwer zu überblicken, wer für welche Fragestellung zuständig ist. Aus diesem Grund nehmen viele Menschen Hilfen, die ihnen eigentlich zustünden, nicht in Anspruch. Erste Anlaufstelle für alle Fragen sollte zunächst der Sozialdienst der Klinik sein. Nach der Entlassung ist der Hausarzt der Ansprechpartner für medizinische Fragen, mit anderen Themen kann man sich an die Stiftung Deutsche Schlaganfall- Hilfe wenden.

 

 

  • Welche Aufgaben übernehmen Schlaganfall-Lotsen, und wo gibt es dieses Angebot der Unterstützung?

Corinna Berger-Niemeyer: Schlaganfall-Lotsen begleiten Patienten und deren Angehörige durch das erste Jahr nach dem Schlaganfall. Sie beraten und unterstützen, vermitteln notwendige Hilfen und sorgen dafür, dass Patienten gut versorgt sind. Bisher haben Lotsen lediglich Projektstatus, es gibt sie an einigen ausgewählten Orten in Deutschland. Auf der Website der Schlaganfall-Hilfe findet man die Adressen. Das Ziel der Schlaganfall-Hilfe und anderer ist, Patientenlotsen für Menschen mit komplexen, chronischen Erkrankungen fest im Gesundheitssystem zu verankern.

 

 

  • Ich möchte nach meinem Schlaganfall wieder in meinen Beruf zurück. Das wird nicht einfach. Wer unterstützt dabei?

Corinna Berger-Niemeyer: Die Rehaklinik leitet bereits erste Schritte ein und stößt die Wiedereingliederung an. Für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist meist die Rentenversicherung zuständig, in einigen Fällen auch die Agentur für Arbeit. Man wird Sie auf jeden Fall an die zuständige Stelle weiterleiten. Wichtig ist, eine realistische Einschätzung zu erhalten, ob eine Rückkehr möglich ist und welche Maßnahmen dafür nötig wären. Manche Patienten durchlaufen dafür längere Zeit nach dem Schlaganfall eine medizinisch-berufliche Rehabilitation, für die es spezielle Kliniken gibt.

 

 

  • Mein Mann kehrt in zwei Wochen aus der Reha zurück. So schnell bekommen wir die Wohnung nicht behindertengerecht umgebaut. Was können wir tun?

Gabriele Reckord: In der Regel unterstützt hier der Sozialdienst der Klinik. Notwendige Hilfsmittel lassen sich kurzfristig über die Krankenkasse organisieren. Sollten Umbauten notwendig sind, sollten Sie sich Rat holen bei der Wohnraumberatung, die es in vielen Städten und Landkreisen gibt. Solche Umbauten werden auch bezuschusst, allerdings müssen Sie erst die Kostenzusage Ihrer Pflegekasse abwarten, bevor Sie mit den Arbeiten beginnen. Sollte eine Rückkehr in die Wohnung noch nicht möglich sein, bleibt die Möglichkeit einer Kurzzeitpflege in einer stationären Pflegeeinrichtung.

 

In der Sprechzeit waren unter anderem diese Expertinnen und Experten der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe:

Corinna Berger-Niemeyer
Schlaganfall-Lotsin, Evangelisches Klinikum Bethel, Bielefeld

Sabina Decker
Ergotherapeutin, Geschäftsführerin des BDH-Therapiezentrum Ortenau

Dr. med. Peter Grein
Facharzt für Neurologie und klinische Geriatrie, Palliativmedizin, Ernährungsmediziner, Chefarzt des Fachbereichs Neurologie und Schlaganfallmedizin der Ilmtalklinik, Pfaffenhofen a.d.Ilm

Kathrin Jensen
Orthopädietechniker-Meisterin, Sanitätshaus Schütt & Jahn, Handewitt

Gabriele Reckord
Fachanwältin für Medizinrecht und Familienrecht, Mediatorin, Gütersloh



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