Was ist ein Neglect?
Neglect ist eine Aufmerksamkeitsstörung. Menschen mit Neglect, zum Beispiel nach einem Schlaganfall, nehmen die betroffene Körperseite oder ihre Umgebung nicht mehr richtig wahr, obwohl die Augen oder andere Sinne funktionieren. Sie haben zum Beispiel Schwierigkeiten, Gegenstände, Personen oder Ereignisse auf der vernachlässigten Seite zu erkennen, zu berühren oder zu greifen. Auch nutzen Erkrankte ihre betroffene Körperhälfte weniger. Oft ist den Betroffenen nicht bewusst, dass sie diese Seite vernachlässigen oder, dass ihnen etwas fehlt.
Interdisziplinäre Behandlung im Fokus
Die neue Leitlinie ersetzt die S1-Leitlinie „Rehabilitation bei Störungen der Raumkognition“ aus dem Jahr 2017. Nach der neuen Leitlinie soll die Behandlung der Patientinnen und Patienten vor allem interdisziplinär erfolgen und auf die individuellen Einschränkungen der zu behandelnden Person abgestimmt sein. Ergotherapeutinnen und -therapeuten, Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Neuropsychologinnen und -psychologen sollen bei der Behandlung Hand in Hand arbeiten, um den Betroffenen optimal helfen zu können. Die Leitlinie empfiehlt dazu eine Reihe bereits bekannter Behandlungsmethoden.
Neu hinzugekommen ist das robotergestützte Laufbandtraining für Schlaganfall-Patienten und -Patientinnen mit Pusher-Syndrom. Schlaganfall-Patienten und -Patientinnen mit Pusher-Syndrom haben beim Sitzen oder Stehen Angst, auf die nicht gelähmte Seite zu fallen, da die Wahrnehmung der eigenen Körperorientierung im Raum gestört ist. Die Betroffenen schieben sich deshalb aktiv auf die gelähmte Seite und nehmen dadurch eine schiefe Körperhaltung ein. Das Pusher-Syndrom tritt in Kombination mit einer Halbseitenlähmung auf. Darüber hinaus wurde die Leitlinie um den Einsatz von Argmented und Virtual Reality ergänzt. Alle Empfehlungen der neuen Leitlinie basieren auf einer Reihe neuer Studien, heißt es von den Autoren. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe war an der Entwicklung der neuen Leitlinie beteiligt.
Richtige Behandlung des Neglect ist wichtig
"Ein Neglect oder eine andere Störung der Raumkognition hat für die Betroffenen ebenso weitreichende Folgen wie eine Sprachstörung und kann die selbstständige Bewältigung des Alltags unmöglich machen", weiß der von der DGN beauftragte Leitlinienkoordinator Prof. Karnath. Dies unterstreiche die Notwendigkeit einer gezielten Diagnostik und Behandlung von Störungen der Raumkognition bereits im Frühstadium. Denn Störungen der Raumkognition wirken sich negativ auf das Rehabilitationsergebnis und den Genesungsverlauf aus, wie die Leitlinie betont. Deshalb hofft der Experte auch, dass sich die Studienlage in Zukunft weiter verbessert: „Allgemein wünschenswert wären für alle Störungen der Raumkognition Studien mit höheren Fallzahlen.“ Ebenso wünscht sich Karnath, dass „die Erfassung langfristiger Therapieeffekte, die auch eine Verbesserung von Alltagsleistungen beleuchtet, häufiger Anwendung finden.“
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