Ambulant vor stationär
© Therapiezentrum Koblenz

Ambulant vor stationär

Dr. Bernhard Kügelgen brennt für die ambulante Reha. Vor 25 Jahren stieg er aus dem Klinikbetrieb aus und gründete mit seiner Frau das Therapiezentrum in Koblenz.

Bis zu 40 neurologische Patientinnen und Patienten versorgt das Zentrum, etwa die Hälfte davon sind Schlaganfall-Betroffene. Das Team besteht aus 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Bereichen Medi­zin, Physio-, Ergo- und Sprachtherapie, Neuropsychologie, Pflege, Ökotrophologie und Verwaltung. Einmal wöchentlich besprechen sich die Mitarbeiten­den, legen Therapieziele und die wöchentlichen Therapiepläne für die Patientinnen und Patienten fest. Und einmal pro Monat treffen sie sich zur internen Fortbildung, die Themen dafür bringen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst ein.

Ergotherapie
Ergotherapie

Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Teams

Das therapeutische Team arbei­tet eng zusammen, teilweise trai­nieren unterschiedliche Fachrich­tungen gemeinsam mit einem Patienten. Therapeutische Leiterin ist Cecilija Kügelgen, gelernte Phy­siotherapeutin, Krankenschwester und Hauswirtschafterin. Auch Ehe­mann Bernhard Kügelgen weist zahlreiche Ausbildungen auf, er ist Neurologe und Psychiater, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Geriater, Verkehrsmediziner und ausgewiesener Schmerzspezialist. Pa­tienten mit CRPS etwa, einer spezieller Schmerzerkrankung, kommen aus ganz Deutschland zu ihm und übernachten im benachbarten Hotel.

Cecilija Kügelgen und Ehemann Dr. Bernhard Kügelgen

Verkehrsgünstige Lage

„Das war damals Teil unseres Konzepts, das wir der Stadt vor­schlugen“, erinnert sich Bernhard Kügelgen. Das brach liegende Gelände vor dem Koblenzer Hauptbahnhof sei ein städtebau­licher Schandfleck gewesen. Die Kügelgens entwickelten die Idee, in dieser verkehrsgünstigen Lage einen Gebäudekomplex für ein ambulantes Rehazentrum zu errichten, der aber auch ein Hotel beinhalten sollte. Die Stadt stimmte dem Konzept zu, heute sind die Kügelgens Mieter von rund 3.200 qm Fläche auf drei Etagen.

25 Jahre besteht das Ambulante Therapiezentrum Kob­lenz mittlerweile. Gegründet hat das Ehepaar es aus der Über­zeugung, dass gerade die ambulante neurologische Rehabili­tation den Betroffenen zurück ins Leben hilft. „Ich habe eine Klinik geleitet und die Nachteile der stationären Reha erlebt“, erklärt Bernhard Kügelgen. Er berichtet von einer Patientin, die nach der Reha nach Hause kam und an ihrer versperrten Haustür scheiterte. Sie konnte das Schloss nicht öffnen, weil
sie dafür zwei gesunde Hände brauchte.

Vorteile der ambulanten Reha

Ein Paradebeispiel aus seiner Sicht, weshalb die ambulante Reha der stationären überlegen ist. „Die Qualität einer Reha zeigt sich erst danach“, sagt Dr. Kügelgen. Sie müsse daran gemessen werden, wie gut Patientinnen und Patienten in ihr Leben zurückfänden. Kügelgen erreichte, dass auch Patien­ten der Rehaphase C, also noch in einer frühen Phase nach dem Schlaganfall, die ambulante Reha im Zentrum absolvie­ren können.

Die Rehabilitation soll sich am Bedarf, an der Lebenswelt der Patientinnen und Patienten und an ihrem Alltag orientie­ren. In der Fachwelt spricht man von Kontextfaktoren. In der ambulanten Reha können Patienten das, was sie am Tag in den Therapieeinheiten üben, am Abend und am Wochenen­de in ihrem Umfeld erproben.

Orientierung am Alltag

Ein paar Voraussetzungen allerdings müssen die Rehabilitan­den erfüllen. Sie müssen transferfähig und ihre häusliche Ver­sorgung muss sichergestellt sein. Aus einer Entfernung von bis zu 40 Kilometern holt der Fahrdienst sie ab, teilweise kommen sie auch mit öffent­lichen Verkehrsmitteln oder mit ihren Angehörigen. Bahn­hof und Busbahnhof liegen direkt vor der Tür des Zent­rums. Therapeuten üben mit den Betroffenen das Einstei­gen in Bus und Bahn, aber auch das Einkaufen im be­nachbarten Supermarkt. Auch die Handhabung eines Autos üben sie, ein Neuropsychologe prüft ihre Fahreignung. „Mobilität ist für das weitere Leben der Patienten von überra­gender Bedeutung“, sagt Kügelgen.

Ein wichtiger Teil der Therapie ist das berufsbezogene Trai­ning. Viele jüngere Schlaganfall-Betroffene sind durch die Fort­schritte in der Akutbehandlung heute in der Lage, wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren. Im Zentrum haben die Thera­pierenden einen großen Raum eingerichtet, in dem sie eine Vielzahl von Arbeitssituationen simulieren können. So berei­ten sie die Betroffenen Schritt für Schritt auf die Rückkehr ins Arbeitsleben vor.