Ungeahnte Perspektiven im P.A.N. Zentrum
© P.A.N. Zentrum

Ungeahnte Perspektiven

Fünf Jahre sind kein Jubiläum im klassischen Sinn, aber ein guter Zeitpunkt für ein Resümee. Neue Wege in der Neurorehabilitation hat ein Projekt in Berlin beschritten.

Postakute Neurorehabilitation

Dieses Zentrum soll ein Leuchtturm werden“, sagte Wolfgang Schrödter, Geschäftsführer der Fürst Donnersmarck- Stiftung, zur Eröffnung des P.A.N. Zentrums im November 2015. Mehr als 35 Millionen Euro verbaute die Stiftung in Frohnau im Norden Berlins, um ihre Idee einer neuen Form der Langzeitrehabilitation zu verwirklichen.

Ein interdisziplinäres Team entwickelte das Konzept, angetrieben von der Überzeugung, vielen Menschen mit schweren neurologischen Beeinträchtigungen eine Perspektive über das Pflegeheim hinaus ermöglichen zu können, und mit dem festen Willen, neurologische Rehabilitation stets noch etwas besser zu machen. Beides ist gelungen.

P.A.N. steht für postakute Neurorehabilitation. Das Konzept überschreitet Grenzen, auch sozialrechtliche. Was es leistet, ist keine klassische medizinische Rehabilitation. In Frohnau werden Menschen aufgenommen, die neurologische Rehabilitationen hinter sich haben, doch weiterhin so schwer beeinträchtigt sind, dass sie kein eigenständiges Leben führen können. In manchen Augen gelten sie als „austherapiert“, sie selbst glauben aber an ihr Potenzial, ebenso wie die Therapeuten des P.A.N. Zentrums.

Eine Kombination aus medizinischer und sozialpädagogischer Einrichtung

Das Zentrum ist eine Symbiose aus medizinischer und sozialpädagogischer Einrichtung, deshalb teilen sich Krankenkassen und Eingliederungshilfe die Kosten. Ergo- und Physiotherapeuten, Logopäden und Neuropsychologen legen mit ihren Übungen die therapeutische Basis. Neuropädagogen trainieren dann mit den Rehabilitanden alltagspraktische Aktivitäten in ihrem Wohnbereich oder zum Beispiel bei einem Ausflug in die Stadt.

Ein weiter Weg zurück ins Leben

Rehabilitanden kommen mit dem Ziel in das Zentrum, es am Ende in ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen und Leben zu verlassen. „Bei rund 70 Prozent der Rehabilitanden ist das auch gelungen“, zieht Chefarzt Prof. Dr. Stephan Bamborschke eine positive Bilanz. Doch der Weg zum Erfolg ist lang, anderthalb Jahre dauert der Aufenthalt. „Es geht alles sehr, sehr langsam und sie müssen die Dinge immer wiederholen“, erklärt Bamborschke. 66 Plätze hat das Zentrum. Das Durchschnittsalter der Rehabilitanden liegt bei 42 Jahren, viele haben einen schweren Schlaganfall erlitten.

Nicht nur inhaltlich nimmt das P.A.N. Zentrum eine Sonderstellung ein. Das architektonische Konzept ist preisgekrönt. Lichtdurchflutet sind Räume und Wegführung so angelegt, dass auch desorientierte Patienten sich kaum verlaufen können. Offenheit, aber auch Rückzugsmöglichkeiten prägen die Gemeinschaftsräume, in deren Zentrum der „Marktplatz“ liegt, Treffpunkt und Kommunikationsraum des Zentrums. Anders als in der Klinik verfügt jeder Rehabilitand über ein eigenes, kleines Apartment.

Rehabilitation immer besser machen

Bamborschke und sein Team wollen Reha besser machen, deshalb liegt ihnen Forschung und Evaluation so am Herzen. Wie wirksam sind Therapien im P.A.N. Zentrum? Um das zu erfahren, macht das Team etwas sehr Seltenes im deutschen Gesundheitswesen: Es beobachtet Langzeitverläufe. Entlassene Patienten werden, sofern sie einwilligen, später erneut kontaktiert und ihre Entwicklung wird dokumentiert.

Gerne testen die Berliner auch neue Therapieverfahren auf ihre Wirksamkeit. So setzt die Einrichtung den „Gloreha“, einen Handroboter, ein und prüft, ob dieser in Verbindung mit klassischer Spiegeltherapie mehr Wirkung zeigt. Und Patienten mit Orientierungsschwierigkeiten können zunächst in virtueller Realität unter einer „VR-Brille“ das Zentrumsgelände erkunden, bevor sie sich tatsächlich hinauswagen. Jüngstes Projekt ist das „Jymmin“, ein neuer Therapie-Ansatz, bei dem Patienten durch motorische Übungen Töne erzeugen können. Diese zu einer Melodie werden zu lassen bringt eine besondere Motivation, die manche Anstrengung vergessen lässt.

Prof. Dr. Stephan Bamborschke

Wie sich das Zentrum weiterentwickelt, wird Chefarzt Stephan Bamborschke aufmerksam beobachten. Denn nach einer Übergangsphase verabschiedet er sich im Juli 2021 in den Ruhestand. Ganz leicht fällt es ihm nicht nach 40 Jahren Dienst als Mediziner. Aber das Feld ist bestellt und mit Privatdozent Dr. Christian Dohle ein namhafter Nachfolger gefunden. Jetzt kann Bamborschke das tun, wofür er bisher kaum Zeit hatte: seine vielfältigen kulturellen Interessen pflegen und sich um sein erstes Enkelkind kümmern.

Schlaganfall-Hilfe für Sie unterwegs

„Welche Rehabilitationsklinik können Sie uns empfehlen?“ So lautet eine der häufigsten Fragen, die unseren Kolleginnen im Service- und Beratungszentrum gestellt wird. Als unabhängige, gemeinnützige Stiftung sind wir zur Neutralität verpflichtet und sprechen keine Empfehlungen aus. Jedoch erreichen uns aus unserem großen Selbsthilfe-Netzwerk viele Erfahrungsberichte von Patienten. Diesen Berichten gehen wir nach und besuchen Kliniken, in denen sich Mitglieder der Selbsthilfegruppen gut behandelt fühlten.

Die unabhängigen Berichte unserer Besuche können Sie regelmäßig in unserem Gesundheitsmagazin Thala und hier auf www.schlaganfall-hilfe.de lesen.