Reha in der Scheinwelt

Spielekonsolen machten den Anfang. Mittlerweile sind zahlreiche Unternehmen entstanden, die Therapie-Software in virtueller Realität entwickelt haben. Lässt sich dadurch die motorische Rehabilitation nach Schlaganfall verbessern?

Wir haben Experte Prof. Jan Mehrholz drei Fragen gestellt.

Prof. Dr. Jan Mehrholz

Im Interview
Prof. Dr. Jan Mehrholz
Studiengangleiter Neurorehabilitation an der SRH Hochschule für Gesundheit in Gera

  • Was sagt die Wissenschaft zum Einsatz Virtueller Realität in der motorischen Rehabilitation?

Die aktuelle Evidenzlage aus Cochrane Reviews zeigt, dass der Einsatz Virtueller Realitäten in der motorischen Rehabilitation als Zusatzangebot sinnvoll sein kann. Allerdings sind virtuelle Realitäten im Vergleich zu einer motorischen Funktionen-Therapie nicht besser, sondern nur ein anderes Angebot. Es ist wohl am ehesten das Üben in der virtuellen Realität, aber nicht die virtuelle Realität selbst, die die größten Effekte schafft. Die virtuelle Realität ist somit kein Ersatz für das motorische Übungsprogramm mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten.

  • Welche Entwicklungen erwarten Sie künftig im VR-Training?

Meines Erachtens steckt das größte Potenzial in maßgeschneiderten, das heißt für spezifische Patienten mit spezifischen Problemen entwickelten, virtuellen Realitätsangeboten. Wie gesagt: es ist nicht die virtuelle Realität selbst, sondern das Übungsangebot.

  • Auf dem Markt sind erste Systeme für das Eigentraining erhältlich. Ist das aus Ihrer Sicht sinnvoll oder braucht es die Begleitung durch einen Therapeuten?

Der Gedanke dahinter ist sicherlich sinnvoll. Aber es gibt bisher nur sehr wenig wissenschaftlich untersuchte Systeme fürs Eigentraining zu Hause. Bislang gibt es vor allem Einzelfallberichte, aber keine überzeugende Evidenz. Darüber hinaus sind viele Systeme sehr komplex und benötigen dadurch Anleitungen, Wartung und eben - wie Sie schon sagten - eine Begleitung durch einen Therapeuten.