Ein Schlaganfall kommt plötzlich, doch die Folgen dauern ein Leben lang. Ähnlich verhält es sich mit der Versorgung. Die Akuttherapie sollte innerhalb von 4,5 Stunden stattfinden, während sich die Nachsorge über Jahrzehnte erstreckt. „Das ist der Grund, weshalb wir Hausärzte eine eigene Leitlinie für die Schlaganfall-Behandlung brauchen“, erklärt Dr. Frederik M. Mader. „Sie fokussiert auf das, was wir Hausärzte wissen müssen.“
Die Vermeidung eines weiteren Schlaganfalls ist ein wichtiges Ziel
Wenn ein Patient zu Dr. Mader in die Praxis kommt, geht es selten ums Überleben. Die Vermeidung eines weiteren Schlaganfalls ist ein wichtiges Ziel, die Wiederherstellung von Funktionen ebenso, damit der Patient in seinem Alltag wieder klarkommt. Letztlich geht es darum, mit dieser und oft weiteren Erkrankungen leben zu können.
Mader ist federführender Autor der Behandlungsleitlinie Schlaganfall der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM), die im Mai publiziert wurde. Er ist Hausarzt in Nittendorf bei Regensburg. Zu ihm kommen Patienten, die einen Schlaganfall überlebt haben. Doch oft leiden sie zusätzlich an Diabetes und Bluthochdruck, haben zu hohe Blutfettwerte und zusätzliche Probleme wie Arthrose oder beginnende Demenz. „Für uns Hausärzte sitzt da nicht einfach ein Schlaganfall-Patient, wir müssen ihn in seiner ganzen Vielfalt wahrnehmen“, erklärt Mader.
Eine Herausforderung ist die Multimedikation
Eine große Herausforderung stellt die Multimedikation dar, weil sich viele Medikamente in ihren Wirkungen gegenseitig beeinflussen. Dazu fehle häufig eine gute Datenbasis, sagt Mader, dennoch müsse der Hausarzt Entscheidungen treffen. „Priorisieren ist eine unserer Königsaufgaben“, sagt der Allgemeinmediziner.
Spezielles Augenmerk liegt auf der TIA - dem kleinen Schlaganfall
Die Leitlinie ist nicht komplett neu, die Basisversion stammt von 2012. Doch medizinische Fachgesellschaften setzen sich regelmäßig Fristen zur Überarbeitung von Leitlinien, weil es ständig neue, wissenschaftliche Erkenntnisse gibt. Das jetzige Update unterscheidet sich wesentlich von der Vorgängerversion. Ein wichtiger Teil der Leitlinie beschäftigt sich mit der transitorisch-ischämischen Attacke, kurz: TIA. Dieser „kleine Schlaganfall“, wie ihn viele nennen, äußerst sich durch ähnliche Symptome, die jedoch nach kurzer Zeit wieder verschwinden.
„Auf die TIA haben wir ein spezielles Augenmerk gelegt, weil hier eine gute Diagnostik besonders wichtig ist“, berichtet Mader. Wer samstags Ausfallerscheinungen hatte, montags aber symptomfrei vor seinem Hausarzt sitzt, stellt diesen vor besondere Herausforderungen. Doch jede TIA hat eine Ursache, die in der Regel nicht von allein verschwindet. Bis zu 40 Prozent der Patienten erleiden später einen „richtigen“, meist deutlich schwereren Schlaganfall. Findet der Hausarzt die Risikofaktoren und kann sie entsprechend behandeln, lässt sich dieses Risiko minimieren.
Gute Hilfsmittel-Kenntnisse sind für den Hausarzt auch wichtig
Nicht nur um Medikamente und medizinische Prozeduren geht es in der Leitlinie. Ein Hausarzt muss sich auch auskennen in der Wirkung von Physiotherapie, Ergotherapie und Sprachtherapie. Ebenso braucht er gute Kenntnisse des Hilfsmittelmarktes. Entsprechende Empfehlungen, was wann verordnet werden sollte, sind in die neue Leitlinie eingeflossen. Für die Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat Dr. Markus Wagner an ihrer Erstellung mitgearbeitet. Er ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis.
In der Leitlinie sind unterschiedliche Fachdisziplinen eingebunden
„Der Schlaganfall ist eine komplexe Erkrankung und mit vielfältigen Beeinträchtigungen für die Betroffenen verbunden“, so Wagner. „Deshalb war es bei der Erstellung der Leitlinie besonders wichtig, die unterschiedlichen Fachdisziplinen einzubinden, die Schlaganfall-Patienten dabei unterstützen, ein gutes Behandlungsergebnis in der Nachsorge erreichen zu können. Dies ist dem Team von Dr. Mader und der DEGAM vorbildlich gelungen.“
Ergänzend zur Behandlungsleitlinie hat die DEGAM auch eine dreiseitige Patienteninformation für Schlaganfall-Patienten in der Nachsorge erstellt. Hier geht es zur Patienteninformation der DEGAM.