Aufmerksamkeit und Gedächtnis

Auch die wohl häufigste Folge eines Schlaganfalls ist nicht sichtbar. 80 bis 90 Prozent der Patienten, so wird geschätzt, leiden unter Aufmerksamkeitsstörungen. Eine sogenannte "Zettelwirtschaft" ist allerdings wenig hilfreich.

Es dauert durchschnittlich 18 bis 36 Monate, bis die Betroffenen sich wieder mit voller Aufmerksamkeit ihrer Arbeit oder den Dingen des Alltags widmen können. Manche leiden länger, einige fortwährend. Am schwierigsten ist es, bei der sogenannten geteilten Aufmerksamkeit wieder die volle Leistungsfähigkeit zu erreichen. Zum Beispiel stellt es die Betroffenen sehr lange vor größte Herausforderungen, interessiert die Nachrichten im Auto zu hören und dabei eine unübersichtliche Kreuzung zu passieren.

Persönliche Belastungsgrenze feststellen

Die meisten Patienten mit Aufmerksamkeitsstörungen können sich im ersten halben Jahr nach dem Schlaganfall nicht länger als 20 Minuten auf etwas konzentrieren, manche sogar kürzer. Die Neuropsychologin Dr. Caroline Kuhn rät, Smartphone oder Wecker so zu stellen, dass sie einen jeweils fünf Minuten vor der Erschöpfung an eine rechtzeitige Pause erinnern.

Nach der verminderten Aufmerksamkeit kommen am häufigsten Störungen der Gedächtnisleistung vor. Die gute Nachricht ist: Oft handelt es sich nur um eine mittelbare Gedächtnisstörung. Beispiel: Ein Betroffener hört einem Vortrag zu, kann sich aber hinterher an vieles nicht mehr erinnern, weil bereits nach 20 Minuten seine Aufmerksamkeit erschöpft war. Betroffene haben Schwierigkeiten, sich Neues einzuprägen.

Gedächtnisstützen nutzen

Neuropsychologen können solche Zusammenhänge durch Testungen heute gut diagnostizieren. „Neue Informationen sollten spontan auf ihre Vertrautheit geprüft werden“, rät Neuropsychologin Caroline Kuhn. „Neues Wissen, das sich in ein bereits bestehendes Wissensnetz integrieren lässt, hat eine höhere Chance, gründlicher abgespeichert zu werden.“

Seit jeher neigen Menschen dazu, sich aus Sorge vor dem Vergessen Dinge zu notieren. Ein grundsätzlich guter Rat, das meinen Neuropsychologen auch heute noch. Allerdings raten sie ab von einer „Zettelwirtschaft“, bei der Notizen an Spiegeln, Kühlschränken und anderen Möbeln kleben. Sie trügen eher zur Verwirrung bei. Kalenderbücher sind da ratsamer, sie bringen Ordnung in die Notizen und damit ins Gehirn.

Tag-/Nachtrhythmus einhalten

Regelmäßiger Schlaf ist von zentraler Bedeutung für die Erholung des Gehirns. Die MediClin Fachklinik Rhein-Ruhr in Essen schuf als erste Rehaklinik in Deutschland eine eigene Station für Patienten mit Aufmerksamkeitsstörungen. Der zentrale Therapieraum der „Attention Lounge“ ist mit einem speziellen Lichtsystem mit einer Beleuchtungsstärke von bis zu 12.000 Lux ausgestattet. Die Lichttherapie hat einen antidepressiven Effekt, unterstützt einen normalen Schlaf-/Wachrhythmus und verbessert die Konzentrationsfähigkeit. Zur Ausstattung der Attention Lounge gehört außerdem eine spezielle Video- und Audioanlage für das Gedächtnistraining.