Hilfsmittel richtig anpassen

Hilfsmittelversorgung in der Praxis - Ein ständiger Prozess

Plötzlich behindert, und nun? Wer nach einem Schlaganfall unvermittelt auf ein Hilfsmittel angewiesen ist, braucht eine gute Beratung. Das folgende Beispiel zeigt, wie der Prozess gut funktionieren kann.

Seit fünf Wochen ist Friedrich Budde in der Aatalklinik Bad Wünnenberg. Der Pensionär (Jahrgang 1935) hatte einen Schlaganfall erlitten. Laufen ging anfangs so gut wie gar nicht. Zunächst erhielt er einen Rollator und einen Rollstuhl von der Klinik. Der Sozialdienst nahm schnell Kontakt auf, als der Bedarf klar war, und vermittelte ihm das Sanitätshaus Luttermann. Das Essener Unternehmen hat eine Filiale an der Klinik. Von dort aus werden Patienten im Umkreis von 100 km versorgt.

Krankenkassen haben Verträge mit Sanitätshäusern

Grundsätzlich sind Patienten frei in der Wahl des Sanitätshauses; Herr Budde hätte sich auch an ein anderes Haus wenden können. Doch oft haben Krankenkassen Rahmenverträge mit den Unternehmen. Patienten laufen Gefahr, auf den Kosten sitzen zu bleiben, wenn sie ein anderes Sanitätshaus wählen. In Herrn Buddes Fall passt beides: Er ist zufrieden mit der Wahl, und auch die Kostenübernahme ist grundsätzlich möglich. Da der aus Bönen bei Hamm stammende Budde noch gerade im 100-km-Radius lebt, ist nach der Entlassung auch ein Hausbesuch des Sanitätshauses möglich. „Denn Hilfsmittel sollten nicht nur einmalig angepasst werden“, sagt Arthur Hofmann vom Sanitätshaus Luttermann. „Man muss regelmäßig kontrollieren, ob sie noch ihren Zweck erfüllen.“ Patienten entwickelten und veränderten sich, lernten dazu oder bauten ab, würden leichter oder schwerer. „Hilfsmittelversorgung“, sagt der gelernte Physiotherapeut Hofmann, „ist ein ständiger Prozess. Der endet nicht, wenn der Patient aus der Klinik entlassen wird.“ Beim Rollstuhl etwa, so schätzt er, sind es drei von zehn Patienten, die sich in der Nachsorge weiter verbessern und ein anderes Modell brauchen.

Individuelle Versorgung: Herr Budde wird „vermessen“

Friedrich Budde hat große Fortschritte in der Klinik gemacht. Er übt unermüdlich das Gehen am Rollator. Doch die Gleichgewichtsstörungen halten sich hartnäckig. Kommende Woche möchte er zurück nach Hause. Sein neuer Leichtgewichtrollstuhl steht bereits in seinem Zimmer. „Damit komm ich gut zurecht, da passt alles“, sagt er. Nach einer Woche Rehabilitation hatte Arthur Hofmann Kontakt zum Patienten und seinen Therapeuten aufgenommen. Gemeinsam haben sie seinen Bedarf besprochen. Umbauten in der eigenen Wohnung waren nicht nötig, Friedrich Budde wohnt bereits barrierefrei. Für den Rollstuhl hat Hofmann seinen Patienten dann „vermessen“. Sitzbreite, -höhe und -tiefe und die Rückenhöhe sind die wichtigsten Maße. Auch die weitere Ausstattung des Rollstuhls mit Zubehör wurde besprochen.

Antrag für Kostenübenahme gut begründen

Anschließend stellte Hofmann einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse. „So ein Antrag muss gut begründet sein“, erklärt er. In der Regelversorgung sei das häufig nicht so problematisch, doch je ausgefallener und teurer ein Hilfsmittel sei, desto umfangreicher müsse die Begründung sein. Der entscheidende Faktor ist, wie weit das Hilfsmittel dem Patienten zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft verhilft. Hofmann nennt ein einfaches Beispiel: „Wenn die Straße hinter dem Haus des Patienten stark ansteigt, und auf der Kuppe liegen die nächsten Einkaufsmöglichkeiten, lässt sich die Beantragung eines E-Rollstuhls gut begründen.“ Entscheidend ist also nicht allein die Behinderung des Patienten, sondern auch sein Wohnumfeld und sein soziales Netzwerk. Erst nach Kostenzusage der Krankenkasse kann das Hilfsmittel angeschafft werden.

Kommunikation zwischen den Beteiligten ist wichtig

In der Hilfsmittelversorgung von Friedrich Budde ist vieles gut gelaufen. Es gibt aber auch andere Erfahrungen. Ist das Hilfsmittel nicht gut angepasst oder der Patient schlecht beraten, landet es oft schon nach kurzer Zeit in der Ecke. Der Patient muss viel Motivation und Wissen mitbringen, um gut durch den Prozess zu kommen. In der Klinik gibt es regelmäßig interdisziplinäre Fallbesprechungen. Doch verlässt der Patient diesen geschützten Raum, ist Schluss mit der Kommunikation. Klinik, Hausarzt, Therapeuten und das Sanitätshaus reden nicht miteinander. Die Kommunikation erfolgt über ein Rezept oder die Übermittlung des Patienten.

Viele sind damit überfordert, deshalb testet die Deutsche Schlaganfall-Hilfe derzeit den Einsatz eines „Heil- und Hilfsmittelpasses“. Um Patienten nicht zu überfordern, beziehen viele Sanitätshäuser auch Angehörige in die Beratung ein. Ein Weg, den auch Christina Habig von der Deutschen Schlaganfall-Hilfe dringend empfiehlt: „Angehörige können die Patienten nicht nur entscheidend unterstützen, sie haben oft auch noch eine andere Sicht der Dinge.“

Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

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