"Ich bin zufrieden. Ich kann jeden Tag aufstehen und bin gesund", sagt Sara Kalleder. Ihr persönliches Rezept: "Man muss immer das Beste draus machen." Dass sie inzwischen so positiv über ihr Leben spricht, ist nicht selbstverständlich.
Rückblick: Am 26. Februar 2017 freute sich Sara mit ihrem Mann über die Geburt ihrer zweiten Tochter. Neun Tage später sollte das Familienglück einen heftigen Rückschlag erleiden. Dienstagsmorgens ging es der frisch gebackenen Mutter nicht gut: „Ich hatte sehr starke Kopfschmerzen“, erinnert sie sich. Ihrem Mann kam das sofort spanisch vor – er wählte den Notruf. Per Hubschrauber kam Sara in eine Klinik nach Tübingen. Dort lag sie dreieinhalb Wochen im Koma. Als sie aufwachte, erinnerte sie sich an nichts. Ihr einziger Wunsch: „Ich wollte zurück zu meinen Kindern.“
Doch der sollte für die junge Mutter noch einige Zeit nicht in Erfüllung gehen. Sie kam für sechs Monate in die Rehabilitation. Die damals 37-Jährige war halbseitig gelähmt, musste das Lesen von Grund auf neu erlernen. Von den Kindern und ihrem Mann getrennt zu sein, war für Kalleder der größte Horror. Einziger Lichtblick: „Mein Mann hat mich drei bis vier Mal die Woche besucht.“ Das habe ihr viel Kraft und Zuversicht gegeben, berichtet sie.
Heute kann die Wernauerin wieder laufen, braucht aber einen Stock zum Gehen, „weil die Stabilität nicht mehr so vorhanden ist wie vor dem Schlaganfall“, erklärt sie. Ihr linker Arm hängt herunter, „aber das war’s dann auch schon“, sagt sie. Dass sie wieder auf die Beine gekommen ist, sei sie ihrer Familie schuldig gewesen. Denn „nicht die Aufgaben als Mutter mehr erfüllen zu können, hat mich in ein tiefes Loch gezogen“, räumt sie ein. Die Frage nach dem „Warum“ konnte ihr kein Arzt beantworten. Ein Umstand, mit dem sie sich gut arrangiert hat. Denn sie könne es schließlich nicht mehr ändern.
Vor der Geburt ihrer zweiten Tochter war Sara Kaller als Zahnarzt-Helferin in der Kieferchirurgie tätig. „Ich wollte gerne wieder in meinen Beruf zurück“, erzählt sie. Doch mit nur einem funktionierenden Arm war das unmöglich. Jetzt ist sie Vollzeit-Mutter – „mit zwei Kindern und Hund habe ich damit auch genug zu tun“, erklärt sie.
Zeitweilig unterstützte eine Familienhelferin ihren Mann und später sie. „Mein Mann hat alles für unsere Mädels getan, obwohl er Vollzeit arbeiten musste. Und zum Glück habe ich Leute, auf die ich mich verlassen kann“, erzählt die Schwäbin. Denn Freunde und ihre Mutter unterstützen sie regelmäßig. Ihre Kinder beim Aufwachsen zuzuschauen, sei für sie ein großes Glück. Ihre große Tochter ist zehn – „und sehr schnell eigenständig geworden“, berichtet Sara Kalleder. Ihre kleine Tochter ist fünf Jahre alt. Ihre Familie war für sie stets die größte Motivation, um nicht aufzugeben.
Ihr Mann hat Bilder von ihrer Zeit im Koma gemacht. „Wenn ich mit meinem Leben unzufrieden bin, dann schaue ich mir die Fotos an“, erzählt sie. „Ich sehe dann, wo ich herkomme und wo ich jetzt bin. Ich darf eigentlich gar nicht motzen, denn mir geht es gut.“ Heute seien ihr Mann und sie „ein gut eingespieltes Team“.
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