Im Januar 1992 änderte sich das Leben von Katja Schmidt dramatisch. Bei der damals erst 19-jährigen wurde ein AV-Angiom (Gefäßfehlbildung im Gehirn) diagnostiziert. Während der operativen Entfernung kam es zu einer starken Blutung. Nur knapp überlebte Schmidt die Operation, ihre linke Körperhälfte war komplett gelähmt. Es brauchte viele Wochen Rehabilitation, bis sie wieder einigermaßen laufen konnte. Bis heute leidet sie auf der linken Seite, vor allem am Arm, an spastischen Lähmungen.
Doch aufgeben kam für Katja Schmidt nie in Frage. Unbedingt wollte sie ihr Fachabitur im Bereich Sozial- und Gesundheitswesen absolvieren. Sie erreichte nicht nur ihr Ziel, sondern arbeitete währenddessen sogar noch in einem Sprachheilkindergarten. Zeitgleich begann sie ihr Erlebtes aufzuschreiben, mit dem Plan, es irgendwann als Buch zu veröffentlichen.
1997 konnte Katja Schmidt ihre Ausbildung zur Logopädin beginnen. Der Berufswunsch entsprang ihrer eigenen Krankheitsgeschichte. Als Betroffene wollte sie anderen Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten helfen. „Die Bedeutung der Dinge verschiebt sich nach einem solchen Erlebnis“, beschreibt Schmidt ihre Motivation. Dazu machte sie extra ein Praktikum auf einer Akutstation. Leider hatte sie zu diesem Zeitpunkt bereits selbst oft starke Schmerzen durch Überlastung und Kompensation. „Ich wollte eben unbedingt am normalen Leben teilhaben“, erklärt sie.
1999 folgte dann ein weiterer Schock: Entgegen allen medizinischen Annahmen war Katja Schmidts Angiom erneut gewachsen und hatte eine neue Hirnblutung ausgelöst. Wieder musste sie operiert werden und sich zurück ins Leben kämpfen. Nur acht Monate später absolvierte sie ihr Logopädie-Examen. Wie sie diesen Kraftakt geschafft hat? So ganz weiß sie das selbst nicht, aber: „Ich dachte mir damals, ich lasse mich nicht schon wieder aus dem Leben reißen“, berichtet sie.
Nach ihrer Ausbildung arbeitete Katja Schmidt zunächst in einer logopädischen Praxis. Leider ließen ihre körperlichen Einschränkungen eine dauerhafte Berufsausübung nicht zu. Umso wichtiger ist es ihr, ihre Erfahrungen jetzt ehrenamtlich an andere weiterzugeben. So las Schmidt bereits in der Pflegeakademie Hamburg aus ihrem noch unveröffentlichten Buch – und bekam begeistertes Feedback. Auch Freunde und Bekannte sind von ihrem Werk begeistert. Regelmäßig hört sie: „Du hast so viel zu sagen, nicht nur für andere Betroffene.“
Die beiden Hirnblutungen haben es nicht geschafft, Katja Schmidt ihre hohe Motivation und Lebensfreude zu nehmen. Sie verrät: „Ich wollte einfach wissen, was passiert, wenn ich nicht aufgebe.“
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