Es ist der Tag, den Jürgen Aschemoor nicht mehr vergisst: der 2. Dezember 1999. „Eigentlich ein ganz normaler Donnerstag“, sagt der 79-Jährige. Er ist mit seiner Frau zum Einkaufsbummel in die Delmenhorster Innenstadt gefahren. In der Fußgängerzone versagte ihm dann plötzlich sein linkes Bein. Seine Ehefrau Ingrid holte sich Hilfe von zwei jungen Männern, um ihn auf eine Bank zu setzen. Jürgen Aschemoor hatte kein Gefühl mehr im linken Fuß, seine Hand bekam er nicht aus der Jackentasche, sein linker Mundwinkel hing herunter. Er befürchtet Böses, seine Frau sprach es aus: „Ich glaube, du hast einen kleinen Schlaganfall – du musst in Krankenhaus“. Schnell nahm sie das Handy ihres Mannes und wählte den Notruf. Im Krankenwagen stellte der Notarzt die Diagnose – Schlaganfall. 25 Minuten später lag Jürgen Aschemoor auf der Intensivstation.
23 Jahre nach dem Vorfall kämpft der Stuhrer nach wie vor mit den schweren Folgen. Über sein Schicksal hat er ein Buch geschrieben, ist unter die Blogger gegangen und teilt seine Erfahrungen online.
Jürgen Aschemoor saß in der ersten Zeit im Rollstuhl. Bein, Fuß, Arm und Hand waren links gelähmt. Das Laufen musste er neu erlernen. „Wegen der Taubheit und der geringen Beweglichkeit im linken Mundwinkel konnte ich einige Wörter nicht klar aussprechen“, erinnert er sich. Trotz zahlreicher Reha-Aufenthalte hinkt das linke Bein weiterhin hinterher.
Während seiner ersten Reha führte er Tagebuch über seine Übungen und seine Fortschritte. Als er ein halbes Jahr nach der ersten Therapie entlassen wurde, setzt er sich zu Hause an den Schreibtisch und tippte alles ab. „Das Schreiben war für mich nach dem Schlaganfall gar nicht so einfach“, erzählt er. Doch schon im Beruf musste der Diplom-Ingenieur Lösungen für Probleme finden. Sein praktisches Denken hat ihm auch hier geholfen: kurzerhand stellte er seine Tastatur auf einhändigen Betrieb um. Während seines zweiten Reha-Aufenthalts in Lingen ermutigte ihn dann ein Arzt, seine Erfahrungen als Buch zu veröffentlichen. Gesagt, getan: 2005 erschien seine Geschichte unter dem Titel „Leben nach dem Schlaganfall“.
Nicht immer hat sich Jürgen Aschemoor mit seiner neuen Situation gut arrangieren können, berichtet er. Lange habe er mit seinem Leben und dem Schicksal gehadert und sich gefragt, warum es ausgerechnet ihn getroffen hat. „Mit meinen deprimierenden Gedanken war mir oft zum Weinen zumute“, sagt er. Trotz aller Handicaps ist er froh, dass er bei klarem Verstand ist und sich uneingeschränkt artikulieren kann. Auch Autofahren kann er wieder – „So habe ich mir ein Stück Freiheit wiedergeholt“, sagt der 79-Jährige.
Oft war der Weg zurück ins Leben ein echter Kampf für den Niedersachsen. Und obwohl es anstrengend war, ist Jürgen Aschemoor hartnäckig geblieben und hat nicht aufgegeben. Mit seinem Buch will er andere ermutigen, es ihm gleichzutun. Seine Botschaft: „Ich habe es geschafft. Das könnt ihr auch“.
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