Architektur für Schlaganfall-Betroffene

Was braucht es für eine erfolgreiche stationäre Reha nach einem Schlaganfall? Kompetente medizinische Betreuung, effektive Therapie und einfühlsame Pflege? Dr. Maja Kevdzija zeigt mit ihrer Forschung, dass auch die bauliche Gestaltung der Klinik Einfluss auf den Therapie-Erfolg hat.

Maja Kevdzija studierte zunächst in ihrer Heimat Serbien und später an der Technischen Universität (TU) Delft/Niederlande Architektur. Zu ihrem Forschungsthema fand sie durch einen schlimmen Schicksalsschlag: Eine nahe Verwandte verstarb an einem Schlaganfall. Kevdzija begann, sich näher mit der Erkrankung zu beschäftigen. „Mir wurde schnell klar, dass die bauliche Umgebung für Betroffene nach ihrem Schlaganfall ein großes Hindernis sein kann“, erzählt die Wienerin.

Für ihre Diplomarbeit entwickelte Maja Kevdzija daher ein Design für eine neurologische Rehabilitationsklinik. Dabei realisierte sie: Über die räumlichen Bedürfnisse von Schlaganfall-Betroffenen ist bislang nur wenig bekannt. Das Thema ließ Kevdzija nicht mehr los – sie machte es zum Inhalt ihrer Doktorarbeit. Doch dabei wurde es ihr nicht leicht gemacht. Mit ihrem neuartigen Thema ließ sich europaweit keine Promotionsstelle finden. Zwei Jahre kämpfte Kevdzija für die Förderung ihres Projekts, bis sie dank eines Stipendiums ihre Forschung an der TU Dresden beginnen konnte.

Konkret untersuchte Maja Kevdzija, wie die bauliche Gestaltung von Reha-Kliniken die Selbstständigkeit und die Mobilität von Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten verbessern kann. 2020 konnte sie ihre Ergebnisse vorstellen. „Meine Forschung zeigt, dass die Betroffenen durch die baulichen Gegebenheiten der Kliniken auf viele Mobilitätshindernisse stoßen“, berichtet Kevdzija. „Daher habe ich einen Kriterienkatalog für Neu- und Umbauten neurologischer Reha-Kliniken entwickelt.“

Fünf Hauptprobleme für die Mobilität der Patientinnen und Patienten hat Maja Kevdzija identifiziert: Eine herausfordernde Orientierung, große Entfernungen, die unzureichende Breite der Flure, das Bodenbelagsmaterial und die Bodenneigungen sowie physische Hindernisse. Zum Beispiel sei es ein Problem, wenn alle Flure einer Klinik nahezu gleich aussehen. „Die Patientinnen und Patienten können sich dann nur schwer orientieren“, erklärt Kevdzija. „Besser wären deutliche optische Unterschiede.“ Vor allem hätten die Betroffenen aber je nach Phase der Rehabilitation unterschiedliche Ansprüche an ihre Umgebung. Auch wenn hier noch weitere Forschung nötig sei, hofft Kevdzija, dass dies zukünftig stärker berücksichtigt wird.

Nicht nur neurologische Reha-Kliniken sind sehr an Maja Kevdzijas Forschungsergebnissen interessiert. Ihre Arbeit erregte in der Wissenschaft international Aufmerksamkeit und wurde mehrfach ausgezeichnet. War sie zu Beginn ihrer Promotion noch die Einzige, die sich mit dieser Thematik beschäftigte, gibt es mittlerweile auch Forschungsgruppen in Schweden und Australien.

Seit April 2021 ist Maja Kevdzija Assistenzprofessorin an der TU Wien. Auch hier liegt ihr Schwerpunkt auf der Rehabilitationsumgebung von Schlaganfall-Betroffenen. In ihrem neusten Projekt widmet sie sich der Frage, wie die bauliche Umgebung das Alltagsleben von Kindern mit Schlaganfall und ihren Familien verbessern kann.

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