Rocky braucht keinen Rollstuhl

Dank seiner großen Motivation hat sich Bernd Kauffmann nach einem schweren Schlaganfall zurück ins Leben gekämpft. Statt mit dem Rollstuhl ist er heute mit dem Liegerad unterwegs. 

Ein Tag Ende Januar 2017 veränderte das Leben von Bernd Kauffmann radikal: Am Abend zuvor hatte der leidenschaftliche Schlagzeuger noch mit seiner Band geprobt, am nächsten Morgen erwachte er mit starken Kopfschmerzen. Während seines Arbeitstags als Metzger ging es Kauffmann immer schlechter. „Ich wollte nur noch Heim, eine Schmerztablette nehmen und dachte, dann wird alles wieder gut“, erinnert er sich.

Doch alles kam anders. Sein Rad konnte Bernd Kauffmann auf dem Heimweg nur noch schieben, an Fahren war nicht mehr zu denken. Von Minute zu Minute ging es ihm schlechter. Völlig erschöpft kam er zu Hause an. Seiner Frau fiel seine verwaschene Stimme auf. Doch erst ein Freund, der sein unklares Gangbild bemerkte, konnte ihn überzeugen, ins Krankenhaus zu fahren.

Dort folgte dann die schockierende Diagnose: Eine Blutgerinnungsstörung hatte bei Bernd Kauffmann einen Schlaganfall ausgelöst. Plötzlich fand sich der damals erst 49- jährige im Rollstuhl wieder – seine linke Körperhälfte war gelähmt. Doch aufgeben kam für den Fellbacher nicht in Frage. Motiviert hat ihn seine Lieblingsfilmfigur „Rocky Balboa“, dessen Kampfgeist er verinnerlicht hat. „Kurz nach dem Schlaganfall saß ich in meinem elektronischen Rollstuhl und dachte mir – Rocky braucht den nicht“, erzählt er.

Die Prognose seiner Ärztin in der Früh-Reha ignorierte Bernd Kauffmann daher. „Von ihr hieß es: «Sie können dies nicht mehr, Sie können das nicht mehr»“, erinnert er sich. Stattdessen stürzte sich Kauffmann in seine Therapie: Täglich Ergo- und Physiotherapie, dazu Gerätetraining. So viele verloren gegangene Fähigkeiten wie möglich wollte er sich zurückerobern.

Das harte Training hat sich für Bernd Kauffmann ausgezahlt: Seinen linken Arm kann er wieder bewegen. So sind alltägliche Dinge, wie sich allein anziehen, wieder möglich. Auch das Laufen hat er neu gelernt. Inzwischen kommt er sogar ohne den ungeliebten Gehstock zurecht. „Ich gehe noch etwas unsicher, aber viel besser als mit dem Stock“, berichtet Kauffmann. Doch er hat noch weitere Ziele: Beispielsweise möchte er ohne Hilfsmittel allein ein Schnitzel schneiden können. Allerdings lässt Kauffmann es mittlerweile etwas ruhiger im Training angehen. Sein anfängliches Therapie-Pensum hat ihn dann doch dauerhaft zu sehr unter Druck gesetzt.

Stattdessen schwingt sich Bernd Kauffmann nun regelmäßig auf sein Liegerad. Gemeinsam mit seiner Frau unternimmt er Touren von über 50 Kilometern. „Das Fahrrad anzuschaffen war das Beste, was ich machen konnte“, betont er. „Gesundheitlich bringt mir das Radeln sehr viel.“ Auch im Musikverein ist Kauffmann wieder aktiv. Schlagzeug spielt er jetzt eben mit nur einer Hand. Das sei zwar anders als zuvor, aber er verrät: „Wenn ich Musik mache oder Rad fahre, dann vergesse ich den Schlaganfall.“ 

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