An seinen ersten Schlaganfall kann sich Albert Sturm kaum mehr erinnern. Denn er blieb unentdeckt und die Lähmungen in Arm und Bein verschwanden. Erst bei späteren Untersuchungen sollte sich herausstellen, dass er eine TIA (transitorische ischämische Attacke) erlitten hatte.
Damals ahnte der Mönchengladbacher nicht, was ihn noch alles erwarten sollte. Denn im Sommer 2003 traf den damals 49-Jährigen erneut der Schlag, dieser erwischte ihn heftiger als beim ersten Mal. Das Ehepaar war auf der Heimfahrt aus dem Urlaub. Noch im Auto klagte Albert Sturm über Unwohlsein. „Ich schob es auf die Hitze“, erzählt er. Zu Hause angekommen, legte er sich schlafen, in der Hoffnung, dass es besser werden würde. Das Gegenteil trat ein – Sturm bekam starke Kopfschmerzen und kein klares Wort mehr über die Lippen. Er kam in ein nahegelegenes Krankenhaus. „Dort hatte man aber keine Neurologie, sodass ich nicht auf Schlaganfall behandelt wurde“, berichtet er. Erst auf Drängen seiner Frau wurde er auf eine Stroke Unit, eine Schlaganfall-Spezialstation, verlegt.
Seinen zweiten Schlaganfall überstand Albert Sturm nicht unbeschadet. Vor dem Schicksalsschlag war er vielfältig aktiv: „Ich war leidenschaftlicher Gospel-Sänger und Tänzer.“ Mitte der 90er sang er live bei Thomas Gottschalk im TV-Sender SAT1 und flog für Auftritte nach New Orleans in die USA. Von jetzt auf gleich war das vorbei – und Sturm ein Schwerst-Pflegefall: halb abwärts gelähmt, musste er künstlich ernährt werden und das Sprechen neu erlernen.
Mehrere Monate verbrachte er im Krankenhaus. Sein Zustand war so schlecht, dass seine Frau vor die Wahl gestellt wurde, ob die lebenserhaltenden Maschinen abgestellt werden sollen. Heute sagt Karin Sturm: „Ich bin froh, dass ich mich für meinen Mann entscheiden habe. Das war meine schwerste Entscheidung im Leben, die ich treffen musste.“ Laufen kann der 68-Jährige nicht mehr, ist auf einen Rollstuhl angewiesen und kämpft mit Sprachproblemen.
Über die Jahre beutelte den Mönchengladbacher das Schicksal mehrfach: „In den letzten zwanzig Jahren habe ich insgesamt fünf Schlaganfälle erlitten“, berichtet Sturm. Sie hätten das Leben des Ehepaars immer wieder auf den Kopf gestellt. Gemeinsam mit seiner Frau kämpfte sich Albert aber immer wieder zurück. Denn „hinter jedem Mann steht eine starke Frau“, sagt sie scherzhaft.
Und obwohl Albert viel Kämpferherz bewiesen hat, muss ihn seine Frau rund um die Uhr pflegen. Eine Situation, an die sich ihr Ehemann erst gewöhnen musste. Dennoch: Er habe sich mit seinem neuen Leben arrangiert. Seine Frau Karin habe den Löwenanteil daran. Denn „sie gibt mir das Gefühl ein gleichwertiger Ehepartner zu sein – ohne Wenn und Aber“. Für ihr aufopferungsvolles Engagement sei er ihr grenzenlos dankbar.
Anderen Betroffenen möchte der „Handicap Stürmer“, wie er sich selbst nennt, aufzeigen, dass „niemand allein ist mit seinen Einschränkungen“. Das macht er in vielen Gesprächen seiner Selbsthilfe-Gruppe immer wieder deutlich. Gemeinsam mit seiner Frau leitet er die Mönchengladbacher Gruppe. Nebenbei ist Albert Sturm als Kontaktstellen-Leiter des BSK (Bundesverband Selbsthilfe für Körperbehinderte Menschen) aktiv. Dort setzt er sich für mehr Inklusion und Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer ein.
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