Ärzte tragen Wissen zusammen

Die Behandlung erwachsener Schlaganfall-Patienten hat in den vergangenen 25 Jahren Riesenfortschritte gemacht. Nun soll die Versorgung betroffener Kinder nachziehen. Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe fördert diese Entwicklung durch Spendengelder.

Eine Schlaganfall-Station für Kinder

Lucia Gerstl ist Neuropädiaterin, ihr Fachgebiet sind Nervenkrankheiten bei Kindern. Seit Jahren beschäftigt sich die promovierte Ärztin mit der Frage, wie man die Versorgung von Kindern mit Schlaganfall verbessern kann. Pionierarbeit auf diesem Gebiet leistete das Dr. von Haunersche Kinderspital München 2014, als es die erste Pediatric Stroke Unit eröffnete, die erste Schlaganfall-Station für Kinder.

Gerstl leitet diese Einheit. Ihre Erfahrungen der vergangenen sechs Jahre brachte sie in ein Handbuch zur Behandlung des kindlichen Schlaganfalls und in eine Expertengruppe ein. Die hat sich zum Ziel gesetzt, eine Behandlungsleitlinie zu erstellen. „Corona hat auch uns zurückgeworfen, aber ich hoffe, dass wir in 2021 fertig werden“, sagt sie.

Zahlreiche Anfragen anderer Kliniken

Die Leitlinie soll sicherstellen, dass kindliche Schlaganfälle schneller und besser diagnostiziert werden und Kinder die bestmögliche Behandlung erhalten – nicht nur in München, sondern auch in anderen Kliniken. Laufend erreichen Lucia Gerstl derzeit Anfragen ärztlicher Kolleginnen und Kollegen, die sie neben ihrer eigenen Arbeit berät. Die Aufklärungsarbeit der vergangenen Jahre zeigt Wirkung.

Damit man weiß, was die bestmögliche Behandlung ist, braucht es Erfahrungswerte. Deshalb haben die Beteiligten ein Netzwerk gebildet von über 30 Akut- und Rehakliniken für Kinder. Neben deutschen sind auch Kliniken aus der Schweiz und Österreich sowie die Uniklinik Amsterdam dabei. Sie alle wollen ein Register erstellen, an das sie ihre Fälle melden können.

Suche nach Mustern

Der kindliche Schlaganfall gilt als seltene Erkrankung. Wenn etwas selten geschieht, ist es schwierig, Muster darin zu erkennen. Nur durch das Zusammentragen vieler Daten erhalten die Mediziner Erkenntnisse, die es ihnen erlauben, Regeln abzuleiten. Noch immer ist es oft nicht möglich, Prognosen für die künftige Entwicklung betroffener abzugeben. Doch gerade dahin zielen Fragen, mit denen sich Eltern quälen. „Immer mehr wissen wir dagegen über Erkrankungen, die wiederholte Schlaganfälle auslösen“, sagt Gerstl. Dadurch könne man mehr tun, um diese Rezidive zu verhindern.

Anders als bei vielen Erwachsenen sind kindliche Schlaganfälle nicht lebensstilbedingt, sondern resultieren aus anderen Erkrankungen wie Entzündungen, angeborenen Fehlbildungen oder Herzfehlern. Wird der Schlaganfall mit seinen Folgen behandelt, kann es dennoch zu einer Wiederholung kommen, die es zu verhindern gilt.

Immer größere Erfolge

Nach wie vor kommen die meisten Kinder zu spät in die Klinik, um noch eine Akutbehandlung wie bei Erwachsenen durchzuführen. Dennoch hat sich die Münchner Klinik auf solche Notfälle eingestellt. Kommt ein Kind mit Schlaganfall-Verdacht, sind die Abläufe klar und alle Beteiligten wissen, was sie zu tun haben. „Es ist schön, zu sehen, dass die Anzahl der Kliniken, die ähnliche Standards eingeführt haben, deutlich gestiegen ist“, freut sich Lucia Gerstl über immer größere Erfolge ihrer Netzwerkarbeit